Kommentar zum Honorarbericht 2019
Kein kräftiger Schluck aus der Pulle
Die Auswirkungen des TSVG sind im Honorarbericht 2019 erstmals sichtbar. Ein größerer Schritt zu mehr Honorar ist damit nicht verbunden.
Veröffentlicht:Die Honorarentwicklung im vierten Quartal 2019 gibt einen ersten Fingerzeig: Das außerbudgetäre Honorar steigt um gigantisch anmutende 19,4 Prozent, immerhin um fast 650 Millionen Euro. Zugleich aber geht die Gesamtvergütung unterm Budgetdeckel (MGV) um 4,8 Prozent oder gut 310 Millionen Euro zurück. Unterm Strich bleibt ein Plus von 3,4 Prozent – was exakt dem durchschnittlichen Zuwachs im Gesamtjahr entspricht.
Was wollen uns diese Zahlen sagen? Es geht um die Auswirkungen des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) mit den neu eingeführten, extrabudgetär zu bezahlenden Fällen aus der offenen Sprechstunde, mit Neupatienten oder nach Terminvermittlung des Hausarztes. Einzig die TSS-Akutfälle, die von der Terminservicestelle schnell vermittelt werden, kamen erst Anfang 2020 hinzu.
Die Zahlen sind also ein Indikator für die Auswirkungen des TSVG. Und tatsächlich zieht die Steigerungsrate bei den außerbudgetären Leistungen kräftig an – nicht aber beim Gesamthonorar. Die Bereinigung der Fälle funktioniert also schon mal, es ist nicht zu einer wundersamen Honorarvermehrung gekommen.
Kassen-Honorare
Höchstes Honorarplus für ärztliche Psychotherapeuten
Der Streit um die Bereinigung der MGV um die TSVG-Fälle, der sich ja aufgrund der pandemiebegingten Verwerfungen bei den Fallzahlen bis in die Gesetzgebung des laufenden Jahres fortgesetzt hat, ist damit immer noch nicht beendet.
Die Krankenkassen bemängeln die „Strategieanfälligkeit“ des Verfahrens und fürchten eine nachträgliche Honorarvermehrung; die Ärzte bestreiten dagegen angesichts der generell hohen Fallzahlen überhaupt die Möglichkeit, sich strategisch verhalten zu können.
Der Honorarbericht 2019 bringt hier keine endgültige Klarheit. Es fehlen noch die Vergleichszahlen des Folgejahres, und die sind verzerrt. Die Gemengelage bleibt kompliziert.
Sicher ist: In der Rückschau brauchen sich die Vertragsärzte für die Steigerungsraten von 1,7 Prozent in 2019 nicht zu schämen. Die Verbraucherpreise stiegen im selben Jahr um 1,4 Prozent. Ein kräftiger Schluck aus der Pulle sieht anders aus.
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