Behandlungsqualität

Klinik-Atlas überzeugt in neuer Version erst recht nicht

Die Schnelligkeit, mit der der Klinik-Atlas des Bundes Mitte Mai ans Netz ging, ließ die Schwere der Geburt zunächst nicht ahnen. Nun zeigt sich: Das Kind ist noch längst nicht über den Berg.

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Mit Vollgas gegen die Wand? Die Strukturdaten des Bundes-Klinik-Atlas‘ werden immer dünner.

Mit Vollgas gegen die Wand? Die Strukturdaten des Bundes-Klinik-Atlas‘ werden immer dünner.

© plusphoto / iStock / Thinkstock

Berlin. Auch die seit gestern freigeschaltete, abgespeckte Version des Bundes-Klinik-Atlas’ findet in Fachkreisen kein Gefallen. Nach der Stiftung Patientenschutz bemängeln auch der Berufsverband Deutscher Internistinnen und Internisten (BDI) sowie die Krankenhausgesellschaft (DKG), infolge der Neuauflage sei das Informationsniveau eklatant gesunken.

„Durch die massive Simplifizierung ist keinerlei Nutzen mehr für Patientinnen und Patienten vorhanden“, urteilt etwa BDI-Präsidentin Christine Neumann-Grutzeck in einer Verbandsmitteilung am Freitag. Zur Erläuterung: Die neue Version des Transparenzverzeichnisses listet nurmehr Fallzahlen zu 22 Indikationen der stationären Versorgung auf.

BDI: „Vereinfacht und nutzlos“

„Dem stehen rund 23.000 Behandlungen gegenüber, die in deutschen Krankenhäusern möglich sind“, moniert ebenfalls am Freitag die Krankenhausgesellschaft. Zu vielen verbreiteten Krankheiten würden interessierte Bürger nun via Bundes-Atlas nichts mehr in Erfahrung bringen können; exemplarisch nennt die DKG Herzinsuffizienz, Bluthochdruck, COPD, Nierenerkrankungen, Lebererkrankungen, Augenleiden, Operationen am Rücken, Demenz und psychiatrische Erkrankungen.

„Die erste Version des Klinik-Atlas war kleinteilig und falsch, die aktuelle ist vereinfacht und nutzlos“, bekräftigt BDI-Vize Dr. Kevin Schulte. Ungeachtet der konkreten Indikation werde für jedes Haus die Pflegepersonalquote (Pflegekraft pro Patient) insgesamt angegeben. Schulte: „Die Qualität bemisst sich jetzt nur noch danach, wie viele Pflegekräfte in den jeweiligen Kliniken arbeiten und wie viele Prozeduren durchgeführt werden.“

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DKG: „Nur für sehr wenige Menschen relevant“

Damit werde das Verzeichnis seinem Anspruch „in keiner Weise“ mehr gerecht, Patienten „einen objektiven Einblick in die Versorgungsqualität verschiedener Krankenhäusern zu geben“. Der Atlas sei nun besser abzuschalten und „grundlegend“ zu überarbeiten, so die Forderung des BDI, bevor er reaktiviert wird.

Unterdessen unkt die DKG, angesichts dessen unterkomplexer Qualitätsdarstellung könnte es „sogar ein Glücksfall sein, dass der Atlas nun nur 22 Krankheiten listet, da er so nur für sehr wenige Menschen relevant ist“. Ein „kompletter Neustart mit wissenschaftlicher Expertise“ sei die einzig richtige Konsequenz. Oder der ergänzende Blick „in eines der etablierten Krankenhausverzeichnisse“, die – wie versichert wird –, „auch die echten Qualitätsdaten der Krankenhäuser beinhalten“. (cw)

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