„Zweifel am Beweiswert des ärztlichen Zeugnisses“
Masern-Impfpflicht in der Kita: Ärztliches Attest nur nach Allergietest gültig
Wollen Eltern ihr Kita-Kind bei einem Verdacht auf Allergien von der Masernimpfpflicht befreien lassen, benötigen sie ein wirksames Attest. Dafür müssen Ärzte zwingend einen Pricktest durchführen, so ein Urteil.
Veröffentlicht:Münster. Ärztliche Atteste landen immer häufiger vor dem Kadi: In einem aktuellen Fall ging es wieder einmal um den Beweiswert eines ärztlichen Zeugnisses zur Befreiung von der Masernimpfpflicht. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen in Münster kam zu dem Schluss, dass Ärzte bei einem Verdacht auf Allergien zunächst immer einen Prick-Test durchführen müssen. Stützt sich das Attest nur auf Angaben der Eltern, etwa zu allergischen Reaktionen auf Pollen, muss die Kita das Attest nicht akzeptieren, urteilte das OVG.
Für ihren dreijährigen Sohn hatten die Eltern einen Betreuungsvertrag mit einer Kita in Erkelenz bei Mönchengladbach geschlossen. Gegen Masern hatten sie ihn nicht impfen lassen. Seit März 2020 ist dies gesetzliche Voraussetzung für den Kita-Besuch, sofern nicht ärztlich bescheinigte Unverträglichkeiten bestehen oder das Kind durch eine frühere Maserninfektion immunisiert ist. Hier hatten die Eltern auf diverse Allergien verwiesen, eine Impfung komme daher nicht in Betracht. Bei der Kita legten sie auch ein entsprechendes ärztliches Attest vor.
Angaben der Eltern reichen nicht aus
Die Kita erkannte dies nicht an – zu Recht, wie nun im Eilverfahren das OVG Münster entschied. Es bestünden „erhebliche Zweifel am Beweiswert des ärztlichen Zeugnisses“. Denn der Arzt habe sein Attest allein auf Angaben der Eltern gestützt, die von erheblichen allergischen Reaktionen etwa auf Birken- und Haselpollen berichtet hatten. Dies reiche aber nicht aus, entschied das OVG in seinem aktuellen Beschluss. Denn es sei möglich, allergische Reaktionen mittels eines sogenannten Prick-Tests abzuklären.
Die Impfpflicht für Kita-Kinder sei auch nicht verfassungswidrig, betonte das OVG unter Hinweis auf einen entsprechenden Beschluss des Bundesverfassungsgerichts. Auch das Sächsische OVG in Bautzen hatte bereits entschieden, dass Kitas ein ärztliches Attest über Impf-Unverträglichkeiten anzweifeln können . (mwo)
Oberverwaltungsgericht Münster, Az.: 12 B 1277/21