Korruption

Mediziner im Fokus

Die Anzeigeerstatter werden immer sensibler und professioneller, so die hessische Zentralstelle zur Bekämpfung von Korruption.

Von Monika Peichl Veröffentlicht:

70 Prozent der Ermittlungen betreffen Ärzte.

FRANKFURT/MAIN. Die hessische Zentralstelle zur Bekämpfung von Vermögensstraftaten und Korruption hat im vergangenen Jahr 3,1 Millionen Euro unrechtmäßige Gewinne abgeschöpft. Die Schadensregulierung kommt überwiegend den Kassen und der KV zugute.

2012 zählte die Zentralstelle 160 Ermittlungsverfahren, im Vorjahr waren 216 Verfahren mit einer Regulierungssumme von 3,7 Millionen Euro. Im bisherigen Jahresverlauf beträgt die Schadenssumme bereits 1,3 Millionen Euro.

Dem Leiter der Einrichtung, Oberstaatsanwalt Alexander Badle zufolge dürfte der Einspareffekt durch präventive Wirkung das Volumen der abgeschöpften Gewinne um ein Vielfaches übersteigen.

Früher meist Massenverfahren

Nach seinen Angaben ist ein deutlicher Anstieg der besonders zeit- und arbeitsintensiven Einzelverfahren zu verzeichnen, dies sei auf die Sensibilisierung und Professionalisierung der Anzeigeerstatter zurückzuführen.

Früher war die Arbeit der Ermittler stärker durch Massenverfahren geprägt, etwa durch Ermittlungen gegen eine große Zahl von Ärzten, die bezogene Speziallaborleistungen bei Privatpatienten selbst abgerechnet hatten.

Die meisten Verfahren werden nach Paragraf 153 a der Strafprozessordnung gegen Schadenswiedergutmachung und teils auch Geldauflage abgeschlossen, in rund zehn Prozent der Fälle kommt es zur Anklage oder zu Strafbefehlen.

Etwa 70 Prozent der Ermittlungen betreffen Ärzte, die übrigen entfallen auf Apotheker, Hebammen, Pflegedienste, Physiotherapeuten, Transportunternehmen und auch auf Versicherte.

So wurde beispielsweise Ende August 2012 gegen eine gesetzlich Versicherte in Frankfurt am Main Klage wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Urkundenfälschung erhoben.

Taxifahrten für 217.000 Euro

Die Frau soll rund fünf Jahre lang Quittungen über angebliche Taxifahrten zu Ärzten bei der Kasse eingereicht und insgesamt gut 217.000 Euro erstattet bekommen haben.

Zudem soll sie ärztliche Bescheinigungen für diese Krankenfahrten gefälscht haben. Aufgeflogen war das mutmaßliche Betrugssystem der Patientin, als ihre Krankenkasse bei dem Taxiunternehmen nachfragte.

Aktuell ermittelt die Zentralstelle gegen vier Allgemeinärzte aus Biebertal, die im Verdacht stehen, seit Anfang 2006 bei der KV Hessen nicht erbrachte Vertretungsleistungen abgerechnet zu haben. Sie sollen die Patientendaten anfangs per Vertretungsschein, später per Kartenlesegerät zwischen ihren beiden Praxen ausgetauscht haben.

Nach derzeitigem Stand der Ermittlungen beträgt der Schaden für die KV mindestens eine halbe Million Euro.

Mit Falsch- oder Luftabrechnungen von Pflegediensten wird sich die Zentralstelle nach Badles Einschätzung künftig häufiger beschäftigen müssen, und zwar wegen der demografischen Entwicklung und der aus seiner Sicht unzureichenden Zugangsregelungen in dieser Sparte.

2012 seien ingesamt 14 neue Ermittlungen gegen Pflegedienste von hessischen Staatsanwaltschaften übernommen worden.

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Kommentare
Dr. Richard Barabasch 13.02.201311:06 Uhr

Ärztebetrug in Hessen

Warum "unsere Ärztezeitung" in ihrem heutigen Bericht von 70 % gegen Ärzte eigeleiteten Betrugsverfahren berichtet und dan "z.B." eine Versicherte heranzieht, die 270.000,- Euro Taxifahrten in die eigene Tasche kassiert habe, bleibt rätselhaft. Wenn es tatsächlich in 770% gegen Ärzte im Rahmen von Betrugsermittlungen geht, dann bitte auch Ross und Reiter aus dem Ärztestall "z.B." anführen,
meint,
Dr. Richard Barabasch

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