Messe Medica
Medizintechnik-Branche will gehört werden
Medizintechnik-Hersteller wollen sich bei der Klinikreform einbringen, damit den Veränderungen durch den Einsatz von Technik Rechnung getragen wird. Sorgen machen die regulatorischen Anforderungen.
Veröffentlicht:Düsseldorf. Die Medizinprodukte-Hersteller möchten wie die medizinischen Fachgesellschaften an der Weiterentwicklung der Leistungsgruppen für die Krankenhäuser beteiligt werden. „Es geht darum, dass wir mitdenken, wie sich Medizin durch Technik verändert“, sagte Hans-Peter Bursig, Bereichsleiter Gesundheit im Verband der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI, bei einer Online-Pressekonferenz im Vorfeld der Medizinmesse Medica. Diese findet vom 11. bis zum 14. November in Düsseldorf statt.
Durch die geplante Krankenhausreform wird sich die Zahl der Klinken reduzieren, die einzelnen Häuser müssen effizienter werden. „Dafür brauchen sie eine gute medizintechnische Ausstattung.“ Deshalb sei es wichtig, diejenigen an der Fortschreibung der Leistungsgruppen zu beteiligen, die wissen, was technisch möglich ist, erläuterte Brusig.
Auswirkungen auf die Versorgung und die Arbeit im Krankenhaus werde auch die europäische Medizinprodukterichtlinie MDR haben, sagte er. Die Regulierung führe dazu, dass einzelne Medizinprodukte nicht mehr am Markt verfügbar sein werden. Bei einzelnen Unternehmen seien bis zu 25 Prozent ihres Produktportfolios betroffen. Wie genau sich die Richtlinie auswirken werde, lasse sich jetzt noch nicht sagen. „Aber es gibt definitiv eine Verringerung des Angebotes aufgrund der MDR“, betonte Bursig.
Keine doppelte Regulierung bei KI
Verschärft werde die Situation durch den Artificial Intelligence Act (AI Act) der EU, der auf die Nutzung künstlicher Intelligenz (KI) zielt. Die Hersteller seien verunsichert, weil auf die Regulierung durch die MDR noch eine zweite Regulierung kommt. „Auf europäischer Ebene muss geklärt werden, dass die MDR mit ihren Anforderungen an KI ausreichend ist und automatisch den AI Act erfüllt“, forderte er. Bursig begrüßte, dass sich eine Arbeitsgruppe bereits dem Thema widmet. „Eine Klärung sollte schnell erfolgen.“
Auch ein mögliches Verbot der Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) bereitet den Medizintechnik-Herstellern Kopfschmerzen. Für viele medizinische Anwendungen seien diese Chemikalien unverzichtbar, sagte Marcus Kuhlmann, Leiter der Medizintechnik im Deutschen Industrieverband Spectaris. „Ein Totalverbot würde dazu führen, dass Produkte vom Markt verschwinden.“
PFAS seien auch für die industrielle Fertigung von Bedeutung, weil sie bei hohen Temperaturen und in aggressiven Umgebungen eingesetzt werden können. „Wir müssen einen risikobasierten Regulierungsansatz bekommen, indem wir bedenkliche von unbedenklichen Stoffgruppen unterscheiden.“
Durchwachsene Lage in der Medizintechnik
Kuhlmann bezeichnete die wirtschaftliche Lage der Branche als durchwachsen. Von Januar bis August 2024 habe das Umsatzwachstum der Medizintechnikindustrie um 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr zugelegt. Gleichzeitig seien die Erzeugerpreise um 3 Prozent gestiegen. Bei der Zahl der Beschäftigten gab es ein Plus von 2,2 Prozent.
Für das Gesamtjahr rechnet der Verband mit einer ähnlichen Größenordnung. Das würde einem Gesamtumsatz von 41 Milliarden Euro und rund 165.000 Beschäftigten entsprechen. Die Ertragslage gerate seit Jahren aufgrund der gestiegenen Kosten in vielen Bereichen immer stärker unter Druck, sagte Kuhlmann.
Die Branche sei sehr abhängig von den Exporten. „Die Unternehmen verfolgen sehr genau, wie sich die Handelspolitik der USA weiterentwickeln wird.“ Das gelte auch für die chinesische Handelspolitik. Die USA sind der wichtigste Exportmarkt für deutsche Medizintechnik. Dort habe es noch ein leichtes Wachstum von 1,8 Prozent gegeben, berichtete er. „In China sieht es anders aus, da hatten wir bis August einen Rückgang um 15 Prozent zu verzeichnen.“ (iss)