Niedersachsen
Ministerien nähern sich im Streit um Landarztquote an
Im Disput um den Stellenwert der Quote deutet sich in Niedersachsen ein Kompromiss an. Denn die Versorgungslücke ist noch größer als befürchtet.
Veröffentlicht:Hannover. Offenbar kommt Bewegung in die politische Diskussion um die Landarztquote in Niedersachsen. Das niedersächsische Wissenschafts- und das Sozialministerium sind sich noch uneins über die Quote. Aber eine besorgniserregende Prognose der Versorgungszahlen vom Dezember führt jetzt zu Annäherungen.
Bisher vertraten die beiden Ministerien gegensätzliche Positionen zur Quote. Während Sozialministerin Dr. Carola Reimann (SPD) sie vehement fordert, spricht sich Wissenschaftsminister Björn Thümler (CDU) gegen sie aus.
„Thümler hat mehrfach betont, dass er es nicht für zielführend hält, junge Leute zu Beginn ihres Medizinstudiums auf eine Richtung festzulegen und damit weit in die Zukunft reichende Entscheidungen zu treffen“, teilt sein Haus auf Anfrage mit.
Annäherung im Quoten-Streit
Das Sozialministerium dagegen fordert die Quote, weil es die Versorgung gefährdet sieht. Nun könnte die Quote im Rahmen eines größeren Förderpaketes für die Allgemeinmedizin im Land doch kommen.
„Wir sind auf der Fachebene zum Thema in engem Austausch mit dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur (MWK)“, sagt Oliver Grimm, Sprecher des Sozialministeriums, der „Ärzte Zeitung“.
Ein Auslöser für Annäherung dürfte die Evaluation der bisherigen Fördermaßnahmen sein. Das Sozialministerium hat am 3. Dezember die Evaluation zur Sicherung der ärztlichen Versorgung auf dem Land in Niedersachsen vorgelegt.
Mehr Studienplätze geplant
Danach könnte der projizierte Mehrbedarf an Hausarztsitzen in Niedersachsen im Jahr 2030 bei 2700 liegen. Hochgerechnet werde es aber nur 740 zusätzliche Hausarztsitze im Land geben.
Der Bedarf wäre also bei Weitem nicht gedeckt, so das Ergebnis der Evaluation. In diesem Kontext hatte Reimann erneut die Landarztquote gefordert.
Das Sozialministerium hat die Auswertung am 12. Dezember im Sozialausschuss vorgestellt. Ist Thümler danach nun doch bereit, über seine Position nachzudenken? „Das MWK tritt dafür ein, die in dem Bericht vorgestellten Maßnahmen ergebnisoffen zu prüfen, abzuwägen und zusammenzuführen“, heißt es aus dem Ministerium.
Für das Wissenschaftsministerium liege der Schwerpunkt aber beim Ausbau der Medizinstudienplätze. Im Land sollen in den kommenden Jahren 200 neue Medizinstudienplätze geschaffen werden.
Warten auf Enquete-Ergebnisse
Indessen sei die Quote kein Allheilmittel, erklären beide Ministerien. Die enorme Lücke, die sich bei der hausärztlichen Versorgung auf dem Land auftut, sei nur mit einem Mix aus verschiedenen Maßnahmen zu schließen, sagt Grimm. Das sieht auch das MWK grundsätzlich so.
Aber vor einer Entscheidung will das MWK auf den Bericht der Enquete-Kommission „Sicherstellung der ambulanten und stationären medizinischen Versorgung in Niedersachsen – für eine qualitativ hochwertige und wohnortnahe medizinische Versorgung“ warten, der im Sommer 2020 erwarten wird. Die Kommission diskutiert das Thema bereits seit Anfang 2019.