Apothekenumsatz
Paxlovid®-Verkäufe ins Ausland? Staatsanwaltschaften ermitteln gegen Apotheker
Mehrere Apotheken in Deutschland stehen unter Verdacht, ein Corona-Medikament illegal verkauft zu haben. Der Schaden könnte in die Millionen gehen.
Veröffentlicht:Berlin: Mehrere Apotheken in Deutschland stehen unter Verdacht, das vergleichsweise teure, vom Staat kostenlos bereitgestellte Corona-Medikament illegal weiterverkauft zu haben. In Berlin laufen Ermittlungen gegen die Betreiber von sechs Apotheken, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft am Montag auf Anfrage sagte. In Bayern stehen nach Behördenangaben acht Apotheken im Fokus der Ermittler. Allein in der Hauptstadt geht die Staatsanwaltschaft von einem Schaden in Höhe von drei Millionen Euro aus. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände ABDA warnte derweil davor, alle Apotheken in Deutschland unter Generalverdacht zu stellen.
Bei den Ermittlungen geht es um das Corona-Medikament Paxlovid® (Nirmatrelvir + Ritonavir, Hersteller ist Pfizer), das im Fall einer akuten Corona-Infektion vor einem schweren Krankheitsverlauf schützen soll. Das Bundesgesundheitsministerium hatte 2022 eine Million Behandlungseinheiten der Wirkstoffkombi bei Pfizer geordert und stellt sie Apotheken kostenlos zur Abgabe an Ärzte, Kliniken und vollstationäre Pflegeeinrichtungen zur Verfügung. Es darf daher nicht an Dritte weiterverkauft werden. An diese Vorgabe sollen sich die Verdächtigen nicht gehalten haben. Deshalb würden sie nach Behördenangaben der Unterschlagung verdächtigt, denkbar seien auch Verstöße gegen das Arzneimittelgesetz.
COVID-Medikation
Paxlovid® ab sofort in der regulären Handelskette
Bei 25 Staatsanwaltschaften Anzeige erstattet
Nach Informationen von WDR, NDR und „Süddeutscher Zeitung“, die zuvor darüber berichtet hatten, erstattete das Bundesgesundheitsministerium in diesem Zusammenhang bundesweit an mehr als 25 Staatsanwaltschaften Strafanzeigen gegen Apotheker. Das Bundesgesundheitsministerium äußerte sich gegenüber der Deutschen Presse-Agentur zunächst nicht.
Die acht Apotheken in Bayern, gegen die hier bereits ermittelt wird, sollen bis zu gut 2500 Packungen der Arznei geordert haben, wie ein Pressesprecher der Nürnberger Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) sagte. Wie viele davon illegal weiterverkauft worden sein könnten, konnte er am Montag zunächst nicht sagen. „Über die Zahl der unterschlagenen Packungen kann derzeit nur spekuliert werden.“ Man sei erst am Anfang der Ermittlungen. „Es könnte in dem einen oder anderen Ermittlungsverfahren aber schon um einen Schaden in Millionenhöhe gehen.“
Ermittler hatten demnach bereits Mitte Dezember Objekte in Oberbayern, Mittelfranken, Oberfranken und der Oberpfalz durchsucht. Dabei stellten sie den Angaben zufolge zahlreiche Dokumente sicher. Für die Verdächtigen gelte die Unschuldsvermutung.
ABDA spricht von wenigen Einzelfällen
Bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main sind nach dortigen Angaben ebenfalls mehrere Ermittlungsverfahren anhängig. Es handle sich um eine „mittlere einstellige Anzahl“, in denen die Ermittlungen wegen des Verdachts von Vermögensstraftaten und des Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz andauern. Weitere Angaben machte die Staatsanwaltschaft aus ermittlungstaktischen Gründen nicht.
In Berlin sei bei Überprüfungen aufgefallen, dass sechs Apotheken ungewöhnlich viele Packungen des Medikaments geordert hatten, sagte der Sprecher der dortigen Staatsanwaltschaft. Durchsuchungen auf Antrag des BMG habe es bereits im vergangenen Jahr gegeben, auch mit dem Ziel, Geschäftsunterlagen auszuwerten. „Möglicherweise ist ein großer Teil der Medikamente ins Ausland abverkauft worden“, so der Sprecher. Der Preis pro Packung liege im mittleren dreistelligen Bereich.
ABDA-Sprecher Benjamin Rohrer, erklärte, dass der Handel oder gar Export des dem Staat gehörenden Corona-Medikaments unzulässig sei und bei Verstößen strafrechtlich verfolgt werden könne. „Diese klare Rechtsauffassung haben wir auch regelmäßig an alle Apotheken weitergegeben.“ Man gehe davon aus, dass Straftaten nur in wenigen Einzelfällen vorgekommen seien. (dpa)