Telemedizin

Pionierprojekte in Bayern ausgezeichnet

Digitalisierung und Telemedizin sollen das Gesundheitssystem optimieren. Die beim 3. Bayerischen Innovationspreis Gesundheitstelematik ausgezeichneten Projekte zeigen, wie das konkret gehen kann.

Von Christina Bauer Veröffentlicht:

MÜNCHEN. Telemedizin, Gesundheitsapps und elektronische Gesundheitsdaten – alle reden davon, doch welche konkreten digitalen Anwendungen können Ärzte schon heute nutzenbringend einsetzen? Beim Bayerischen Innovationspreis Gesundheitstelematik wurden in dieser Woche alltagstaugliche Projekte ausgezeichnet. Die diesjährigen Gewinnerprojekte machen die Telemedizin dabei für sehr unterschiedliche Patientengruppen nutzbar.

Das erstplatzierte Projekt mit dem Titel "Glasschair" ermöglicht körperbehinderten Menschen, ihren Rollstuhl durch Kopfbewegungen oder Spracheingabe zu steuern. Es gibt weitere nützliche Optionen, darunter einen voreingestellten Notruf per Spracheingabe. Die Anwendung funktioniert in Kombination mit einer Datenbrille (Smart Glasses). Sie wurde am Lehrstuhl für Wirtschaftsinformatik der TU München im Rahmen eines Kurses entwickelt.

App soll Leben daheim ermöglichen

Den zweiten Preis erhielt die App "miCura". Sie vernetzt pflegebedürftige Senioren, Pflegedienst und Angehörige. Per Vitalwertemonitoring erhalten die Pfleger von fern Grunddaten wie Blutdruck, Blutzucker oder Tabletteneinnahme. Die Angehörigen erfahren über eine Meldefunktion, wenn der Pflegedienst beim betreuten Familienmitglied ist. Zudem sind die Daten jederzeit online in einer Datenbank abrufbar. Die Anwendung soll dazu beitragen, dass Senioren länger zu Hause leben können. Sie wurde entwickelt von der DKV Pflegedienste und Residenzen GmbH in Köln.

Das drittplatzierte Projekt "neolexon" hilft bei der Sprachtherapie von Patienten mit Hirnschädigungen. Einerseits lässt es sich als Assistenz des Sprachtherapeuten in Therapiestunden nutzen. Darüber hinaus bietet es unbegrenzte Trainingsmöglichkeiten für zu Hause. Das Projekt ist eine Ausgründung des Instituts für Phonetik der Universität München.

Erstmals wurde dieses Jahr zudem ein Sonderpreis verliehen. Diesen erhielt das Projekt Ambulant-Stationärer Datenaustausch (ASDA) der Region Hof. Dort haben sich kommunale und Ärzteorganisationen sowie Kliniken zusammengeschlossen, um über eine elektronische Gesundheitskarte Daten auszutauschen. Bei einem Klinikbesuch, besonders im Notfall, werden ambulante Daten des Patienten von der Karte elektronisch ausgelesen. Damit ist eine effizientere Behandlung möglich. Es ist zudem weniger wahrscheinlich, dass relevante Angaben fehlen. Umgekehrt können nachsorgende Ärzte die in der Klinik dokumentierten Daten abrufen.

Bürger entscheiden selbst

Die Bürger entscheiden selbst über ihre Teilnahme und geben ihr schriftliches Einverständnis. "Es ist traurig, dass wir eine der ersten Regionen sind, die so etwas umsetzen", so Dr. Andreas Pötzl, der die Auszeichnung stellvertretend für alle Projektpartner entgegennahm. Der Internist ist Geschäftsführer des Ärztenetzes Unternehmung Gesundheit Hochfranken (UGHO). ASDA wurde vor Ort in Hof nicht sofort von jedem begeistert begrüßt. Wie Landrat Dr. Oliver Bär berichtete, sei die Umsetzung mit etwas Überzeugungsarbeit aber möglich gewesen. Zum derzeit im deutschen Gesundheitssystem noch oft anzutreffenden Widerspruch zwischen technologischen Möglichkeiten und realer Anwendung sagte Mediziner Pötzl: "Wir fahren im Prinzip einen Porsche als Gesundheitssystem, aber er hat leider nur einen Zweitaktmotor." ASDA wolle daher vor allem zur Nachahmung motivieren.

Ins Leben gerufen wurde der Wettbewerb von der Bayerischen TelemedAllianz (BTA). Seit fünf Jahren gibt es sie, ebenso lange organisiert sie den jährlichen Tag der Telemedizin. Seit 2015 verleiht sie dort auch den Bayerischen Innovationspreis Gesundheitstelematik. "Die Einreichungen werden jedes Jahr besser", stellte BTA-Geschäftsführer Professor Siegfried Jedamzik beim diesjährigen Fachtag fest.

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