Neue Beweisanträge

Prozess gegen Charité-Arzt wegen Totschlags – Plädoyers verzögern sich

Ein Herzmediziner der Berliner Charité steht unter Verdacht, zwei schwerstkranke Patienten getötet haben. Nach sechsmonatigem Prozess sollte plädiert werden. Doch nun es gab neue Verteidiger-Anträge.

Veröffentlicht:

Berlin. Im Prozess um den Tod zweier schwerstkranker Patienten gegen einen Oberarzt der Berliner Charité ist der Beginn der Plädoyers verschoben worden. Grund sind erneute Beweisanträge der Verteidiger am Freitag vor dem Berliner Landgericht. Damit sei der bisherige Zeitplan nicht zu halten, sagte der Vorsitzende Richter. Ursprünglich wollte das Gericht in der kommenden Woche ein Urteil verkünden. Nun sind zwei weitere Verhandlungstage für den 25. und 26. April anberaumt worden.

Der 56-jährige Facharzt für Innere Medizin soll laut Anklage in den Jahren 2021 und 2022 auf einer kardiologischen Intensivstation einen Patienten und eine Patientin (beide 73) mit einem überdosierten Narkosemittel getötet haben. Mitangeklagt wegen Beihilfe zum Totschlag in einem Fall war eine 39-jährige Krankenschwester. Nach viermonatigem Prozess stellte das Gericht das Verfahren gegen die Frau gegen eine Geldauflage in Höhe von 1500 Euro kürzlich ein. In ihrem Fall käme kein vorsätzliches Handeln in Betracht, begründete das Gericht.

Seit bald einem Jahr in Untersuchungshaft

Der angeklagte Oberarzt hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Beide Patienten hätten sich in einem akuten Sterbeprozess befunden, erklärte er in der Verhandlung. Zur Leidensminderung habe er ein Sedierungsmittel verabreicht. Das sei nicht in den Mengen erfolgt, wie sie in der Anklage genannt werden. Er sei sich sicher, „das Leben der Patienten nicht verkürzt zu haben“. Vorzuwerfen habe er sich nur, in den angeklagten Fällen die Gabe von Propofol nicht dokumentiert zu haben.

Ein kausaler Zusammenhang der jeweiligen Propofol-Gabe mit dem Eintritt des Todes sei nicht festzustellen, heißt es nun in einem der Beweisanträge. Die Verteidiger beantragten unter anderem die Anhörung eines pharmakologischen Experten. Zu Beginn des Verhandlungstages wurde auf Antrag der Verteidigung ein Telefonmitschnitt abgespielt. Der Oberarzt hatte darin drei Monate nach seiner Suspendierung zu einem Bekannten gesagt, für ihn sei es eine „Intrige“. Er habe „nur menschliche Sterbebegleitung gemacht und kein schlechtes Gewissen“.

Der Arzt befindet sich seit Mai 2023 in Untersuchungshaft. Von der Charité war er bereits im August 2022 freigestellt worden. Die Staatsanwaltschaft war bei ihrer Anklage von zweifachem Mord ausgegangen. Das Landgericht bewertete den Fall jedoch bei der Eröffnung des Verfahrens anders und wies darauf hin, dass jeweils lediglich ein hinreichender Tatverdacht wegen Totschlags bestehe. Nicht auszuschließen sei, dass der Arzt aus Mitleid gehandelt habe. (dpa)

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Kommentar zum Pneumo-Impfstoffregress

Die (späte) Einsicht der Krankenkassen

Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

© AspctStyle / Generiert mit KI / stock.adobe.com

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Eine Sanduhr, durch die Geldstücke fall

© fotomek / stock.adobe.com

Tag der Privatmedizin 2024

Outsourcing: Mehr Zeit für Patienten!

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Buch mit sieben Siegeln oder edles Werk? KI-Idee einer in Leder eingebundenen neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

© KI-generiert mit ChatGPT 4o

Exklusiv Entwurf unter der Lupe

Das brächte Ihnen die neue GOÄ

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Real-World-Analyse von US-Versorgungsdaten-- Bei Einsatz von Sacubitril/Valsartan ist die Gesamtsterblichkeit signifikant geringer als bei Einsatz von ACEi/ARB.

© Springer Medizin Verlag

ARNI in der Primärtherapie der HFrEF

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Abb. 1: Studie HF-OPT: Verbesserte LVEF unter medikamentöser Behandlung + Defibrillatorweste (Tag 0–90) und nachfolgender medikamentöser Behandlung (Tag 90–360)

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion

Optimale medikamentöse Therapie plus Defibrillatorweste schützt vor Plötzlichem Herztod

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: ZOLL CMS GmbH, Köln
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Leckere und gesunde Ernährung

Remission bei Morbus Crohn: Das glückt auch mit einer rein oralen Diät

DGK-Jahrestagung

Präzisionsmedizin: Die Kardiologie ist auf dem Weg

Wechselspiel zwischen Hirn und Pankreas

Demenz & Diabetes: Welche Vorteile das CGM bietet

Lesetipps
Dreidimensionale medizinische Illustration von Nierenkrebs, die das Vorhandensein eines Tumors in der Niere zeigt.

© Crystal light / stock.adobe.com

Hinweis aus Registerstudie

Welchen Einfluss NSAR auf das Nierenkrebs-Risiko haben

Eine Frau greift sich mit beiden Händen um den Nacken.

© fizkes / Getty Images / iStock (Symbolbild mit Fotomodell)

Leitlinien-Update

Polymyalgia rheumatica: Aktualisierte Empfehlungen sind online

Eine Ärztin tastet den Hals einer Frau zur Diagnose von Schilddrüsenerkrankungen und Hypothyreose ab.

© Peakstock / stock.adobe.com

US-Review

Wie mit latenter Hypothyreose bei älteren Patienten umgehen?