Rheumatiker im Job

RheumaPreis 2022 für gelungene Integration am Arbeitsplatz verliehen

„Rheuma Arbeit geben“ – unter diesem Motto stand der diesjährige RheumaPreis, der rheumakranke Beschäftigte und deren Arbeitgeber ehrt und aufzeigt, wie Betroffene in Unternehmen bleiben können.

Matthias WallenfelsVon Matthias Wallenfels Veröffentlicht:
Rheuma bedeutete bis dato für viele Arbeitnehmer den Abschied vom Job. Immer mehr Arbeitgeber zeigen sich aber bereit, die Arbeitsplätze und -bedingungen im Job der Betroffenen auf deren speziellen Bedürfnisse abzustimmen, um sie so in der Belegschaft zu halten.

Rheuma bedeutete bis dato für viele Arbeitnehmer den Abschied vom Job. Immer mehr Arbeitgeber zeigen sich aber bereit, die Arbeitsplätze und -bedingungen im Job der Betroffenen auf deren speziellen Bedürfnisse abzustimmen, um sie so in der Belegschaft zu halten.

© yodiyim / stock.adobe.com

Berlin. Anna-Lena Beckmann, Annika Reindl und Muna Strobl sowie ihre jeweiligen Arbeitgeber sind die Sieger beim diesjährigen RheumaPreis. Verliehen wurde der Preis am Dienstagabend in Berlin, wie die Initiative RheumaPreis am Mittwoch mitteilte.

Jede beziehungsweise jeder dritte Deutsche hat Schmerzen am Bewegungsapparat, etwa 1,5 Millionen leben mit entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Noch vor wenigen Jahren mussten Betroffene ihren Arbeitsplatz aufgeben: So schieden beispielsweise zwölf Prozent der Erwerbstätigen mit rheumatoider Arthritis (RA) in den ersten fünf Jahren ihrer Erkrankung aus dem Berufsleben aus, weitere zehn Prozent in den darauffolgenden fünf Jahren.

„Diese Zeiten und Zahlen haben sich dank der verbesserten Möglichkeiten in Diagnostik und Therapie positiv verändert“, erläutert Professor Matthias Schneider, Mitinitiator des RheumaPreises vom Universitätsklinikum Düsseldorf.

RheumaPreis

Die Initiative RheumaPreis würdigt jedes Jahr drei Arbeitsverhältnisse, in denen es besonders gut gelungen ist, krankheitsbedingte Hindernisse zu beseitigen. Die mit 3000 Euro dotierte Auszeichnung geht jeweils an die erkrankten Beschäftigten, die arbeitgebenden Betriebe erhalten eine Urkunde.Der diesjährige RheumaPreis stand unter dem Motto „Rheuma Arbeit geben“.

Kreative Lösungen für berufliche Teilhabe gefragt

Dass ein aktives Berufsleben auch für Menschen mit Rheuma Normalität sei, dazu trage die Initiative RheumaPreis bei – nun bereits im vierzehnten Jahr. Dies verdeutliche, wie wichtig es sei, dass Berufstätige mit Rheuma und ihre Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gemeinsam eine kreative Lösung für berufliche Teilhabe finden. „Wir gratulieren Anna-Lena Beckmann, Annika Reindl und Muna Strobl und ihren Unternehmen ganz herzlich zum RheumaPreis 2022.

Sie alle zeigen, wie berufliche Integration gemeinsam gelingen kann und haben Vorbildcharakter für den Umgang mit chronischen Krankheiten im Berufsalltag“, so Schneider. „Sie alle geben Rheuma Arbeit.“ Zudem, so Schneider, bekämen und behielten Unternehmen wertvolle Fachkräfte, die trotz der Diagnose Rheuma im Beruf verbleiben könnten.

Unternehmenskultur muss zu den Bedürfnissen der Rheumatiker passen

Jedoch wünschten und benötigten Betroffene teilweise mehr Rücksichtnahme, Aufmerksamkeit und manchmal auch mehr Unterstützung. Das alles müsse Einzug finden in die Unternehmenskultur, die Diversität lebe und so neue Perspektiven in den Alltag aller Mitarbeitenden einbringe. Donata Apelt-Ihling, Schirmherrin des RheumaPreises, Diplom-Betriebswirtin und Unternehmerin, betonte im Rahmen der Preisverleihung.

„Der Einsatz eines Arbeitgebers für seine Mitarbeitenden sendet ein starkes Signal nach außen: Wir engagieren uns, handeln sozialverträglich und fördern Integration. All dies sind Werte und Ziele, die der Gesellschaft und unseren Unternehmen zuträglich sind und positiv auch auf die Arbeitgeber zurückstrahlen!“

Die Preisträgerinnen und ihre ausgezeichneten Unternehmen 2022 im Überblick:

Anna-Lena Beckmann ist angehende Sozialpädagogin. Sie betreut bei den Kleinen Siedlern der Wattenbeker, einer Kinder- und Jugendhilfeeinrichtung in Brandenburg, sieben Kinder im Alter zwischen fünf und neun Jahren. Beckmann leidet unter rheumatoider Arthritis, unter anderem mit wiederkehrenden Fieberschüben, heftigen Gelenkschmerzen in Fingern, Händen und Armen. „Wir wussten von Anfang an von ihrer Diagnose und dem Krankheitsbild“, berichtet Grit Niemann, Regionalleiterin der BAR/MOL-Einrichtung. „Für uns sind Einschränkungen aber keine Probleme, sondern Herausforderungen, um für alle Beteiligten beste Voraussetzungen zu schaffen“, ergänzt die Vorgesetzte und Hausleiterin Peggy Israel. So schlugen die beiden Chefinnen der angehenden Sozialpädagogin nach einem sehr schweren Schub vor, es vorerst mit Tagesschichten, statt der anstrengenden 24-Stunden-Dienste zu versuchen. Darüber hinaus stellten sie Beckmann eine ergonomische Büroausstattung zur Verfügung. „Ich bin unglaublich dankbar, dass wir gemeinsam einen Weg gefunden haben, damit ich an meiner geliebten Arbeitsstelle bleiben kann“, so Beckmann.

Annika Reind ist Fachinformatikerin und Teamleiterin bei der M-net Telekommunikations GmbH in München. Sie litt über Jahre ihres Berufslebens hinweg unter sehr starken Rückenschmerzen, bevor sie die Diagnose Morbus Bechterew (ankylosierende Spondylitis) erhielt. Diese teilte sie ihrem Arbeitgeber offen mit. Für die Geschäftsführung des Unternehmens sei es selbstverständlich gewesen, die Informatikerin im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu unterstützen: „Auf die besonderen Bedürfnisse unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzugehen ist ein wesentlicher Teil unserer Unternehmenskultur, die von Flexibilität und Offenheit geprägt ist“, so Nelson Killius, Sprecher der Geschäftsführung von M-net. Dr. Herbert Plansky, Abteilungsleiter IT Prozess-, Qualitäts- & Anforderungsmanagement, betont: „Mit einem vertrauensvollen Umgang können wir uns auf Augenhöhe begegnen. Dieses Vertrauen schafft die Basis für den wirtschaftlichen Erfolg unseres Unternehmens, weil sich jede und jeder mit allen Fähigkeiten einbringen kann und alle Aspekte gehört werden. So kommen wir zu den besten Lösungen.“

Muna Strobl ist Heilpraktikerin für Psychotherapie und arbeitet bei der Vorsorge-Reha-Klinik Haus Daheim in Bad Harzburg im therapeutischen Team der Mutter-Kind-Kurklinik. Die Geschäftsführerin und die Kolleginnen brachten ihr von Anfang an großes Verständnis entgegen und akzeptieren, dass sie aufgrund ihrer Beeinträchtigungen weniger Überstunden machen kann, so Strobl. Gleichzeitig erlebe sie eine große Wertschätzung im Team: „Es sind nicht nur die äußeren Rahmenbedingungen, die mir meine Berufstätigkeit ermöglichen, sondern vor allem auch die persönliche Haltung der Geschäftsleitung.“ Geschäftsführerin Antje Krause habe ein Team um sich versammelt, das Menschen grundsätzlich wertschätzend und offen begegne, Stärken und Schwächen anerkenne und die Vorzüge jedes einzelnen Menschen in den Vordergrund stelle. Um andere Betroffene zu unterstützen, hatte Strobl zunächst erfolgreich einen Blog aufgebaut und nun ein Buch mit dem Titel „Aufrecht mit Bechterew“ geschrieben.

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