Regionale Prüfvereinbarung

Saarland hält an Richtgrößen fest – und senkt sogar noch ab

An der Saar ist man weit davon entfernt, sich von Richtgrößen zu verabschieden. 2016 gab es keinen einzigen Regress. Jetzt wurde das praxisindividuelle Verordungsbudget sogar um zehn Prozent gesenkt.

Andreas KindelVon Andreas Kindel Veröffentlicht:

SAARBRÜCKEN. Bei der Kontrolle des Verordnungsverhaltens ihrer Vertragsärzte setzt die KV Saarland auch künftig auf Richtgrößen-Prüfungen. Einen Umstieg auf Prüfungen nach Wirkstoff-Quoten und Leitsubstanz-Zielen wird es an der Saar nicht geben. "Das ist so kompliziert, dass wir uns Probleme einhandeln würden, die wir jetzt gar nicht haben. Das bisherige Verfahren ist doch stabil", sagt der stellvertretende Vorsitzende der KV Saarland, Dr. Joachim Meiser.

Die Richtgrößen für die Ärzte im Saarland errechnen sich relativ einfach: Nach vier Altersgruppen gestaffelt steht ihnen ein bestimmtes Verordnungsbudget je Patient zur Verfügung. Die Summe dieser Beträge ergibt die Praxis-Richtgröße. Überschreitet ein Arzt diese Marke pro anno um weniger als 15 Prozent, passiert gar nichts. Bei einer Überschreitung zwischen 15 und 25 Prozent folgt ein Hinweis der Prüfstelle. Erst wenn die Überschreitung noch höher ausfällt, gibt es eine Beratung. Ändert sich danach nichts, droht der Regress.

Die Regress-Gefahr ist an der Saar tatsächlich nicht besonders hoch. "Wir haben das Beratungsgeschäft sehr intensiviert und da auch Praxis-besonderheiten berücksichtigt werden, kommen nur ganz wenige Regresse dabei raus", versichert KV-Vize Meiser. Vergangenes Jahr gab es sogar keine einzige Rückforderung, die im Zusammenhang mit der Arzneimittelverordnung gestanden hätte. Bei Heilmitteln gab es lediglich einen Regress. Auch dass die Richtgrößen für 2017 um zehn Prozent gesenkt wurden, sieht man bei der KV entspannt. "Wir gehen nicht davon aus", erklärt Meiser, "dass es dadurch wesentlich mehr Probleme gibt".

Ganz auf Wirkstoff-Quoten und Leitsubstanz-Ziele, wie sie in anderen KV-Regionen prüfrelevant sind, will man aber auch an der Saar nicht verzichten. Hier kommt ihnen regress-mildernde Funktion zu. Mit den Kassen wurden Verordnungsziele, Höchst- und Mindestquoten für insgesamt 17 Arzneimittelgruppen vereinbart. Überschreitet ein Arzt seine Richtgröße, dann wird geprüft, ob er wenigstens diese Ziele und Quoten zu mindestens 70 Prozent einhält. Wenn ja, kann er die Kosten dieser Medikamente von der Gesamtsumme der von ihm veranlassten Arzneimittelkosten abziehen. Wer trotzdem Sorge hat, wegen seiner Verordnung unangenehme Post von der Prüfstelle zu bekommen, sollte zur Kontrolle einfach seine Praxis-Software nutzen. "Da kann ich jeden Tag sehen, ob ich über oder unter den Richtgrößen liege", erläutert KV-Bereichsleiter Wolfgang Herian. Die KV bietet zudem eine spezialisierte Verordnungsberatung an, bei der die individuelle Verordnung analysiert und mit den Richtgrößen verglichen wird. Die jüngst eingeführten Änderungen haben aber keinen Sturm auf die Berater ausgelöst. "Bisher gab es bei uns nur ganz wenige Rückfragen".

Welche Folgen die um Wirkstoffziele und -quoten gemilderte Richtgrößenprüfung am Ende tatsächlich hat, wird sich erst in ein paar Jahren zeigen. "Die Prüfung der Zahlen beginnt erst mit zwei Jahren Verzögerung", erläutert Herian. Bis zu einem drohenden Regress dauere es bei neu niedergelassenen Ärzten mindestens fünf Jahre. Neu zugelassene Vertragsärzte haben – wie in allen anderen KV-Bezirken ebenfalls üblich – in den beiden ersten Verordnungs-Jahren Schonfrist, Richtgrößenüberschreitungen bleiben folgenlos.

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3. Mai: Westfalen-Lippe – Probelauf mit Leitsubstanzen

10. Mai: Schleswig-Holstein –

Wirtschaftlichkeit in Relation zumSchweregrad der Krankheit

17. Mai: Niedersachsen – Regresslatte hoch gelegt 24. Mai: Berlin – mit Richtgrößen hat man sich längst arrangiert 31. Mai: Bremen: Verordnungen jetzt zeitnah unter der Lupe

Lesen Sie am 14. Juni: Rheinland-Pfalz: Neue Quotenziele kurz vor Vertragsreife

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