EPatient Survey
Sind Ärzte die Resteversorger der Nation?
Auf digitale Sprechstunden mit Telemedizinern setzen vor allem gebildeter Städter, geht aus dem EPatient Survey hervor. Die Bürger-Befragung offenbart außerdem: Stationäre Apotheken könnten bald ausgedient haben.
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Ältere, die sich mit fremden Ärzten in einer Videosprechstunde austauschen, sind derzeit noch in der Minderheit.
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Berlin. Hausärzte und Apotheken vor Ort sind für die Patienten nicht mehr die ersten Ansprechpartner. Zu diesem Ergebnis kommt der am Dienstag veröffentlichte EPatient Survey der EPatient Analytics GmbH.
Besonders deutlich wird das am Beispiel der Videosprechstunden: „Rund die Hälfte der ärztlichen Online-Konsultationen wird nicht vom eigenen Arzt durchgeführt, sondern von einem fremden Mediziner“, sagt Projektleiter Dr. Alexander Schachinger. 15 von 100 Bürger scannten außerdem ihre Rezepte und schickten sie in fast der Hälfte aller Fälle an Online-Apotheken, heißt es.
Für den EPatient Survey werden zweimal jährlich rund 3000 Bürgerinnen und Bürger zu ihrer Nutzung von digitalen Gesundheits- und Medizinanwendungen repräsentativ befragt. Laut Befragung ist die Nachfrage nach Online-Sprechstunden von 11 auf 14 Prozent gestiegen.
Dabei wendeten sich die Nutzer vor allem an neue Anbieter auf dem Markt. Sie gehören eher gebildeten städtischen Milieus an, sind überwiegend unter 50 Jahre und eher gesund.
Online-Trend beschleunigt sich weiter
Die Vorteile lägen dabei für die Patienten auf der Hand: Keine lange Suche nach einem Arzttermin, keine lästigen Wartezeiten zur Terminvereinbarung und keine vertane Zeit im Wartezimmer. Schachinger schätzt, dass sich der Online-Trend im Gesundheitsbereich analog der Entwicklung in anderen Wirtschaftsbereichen weiter beschleunigen werde.
Bei Apps, die sich mit Therapietreue oder Medikamentenbestellung und -einnahme beschäftigten, setzten die Patienten dreimal häufiger auf die Eigenrecherche als auf die Empfehlung des Arztes. Außerdem nutzen immer mehr Bürger Online-Kursen zu Ernährung, Bewegung und Achtsamkeit: Hier liegt die Quote bei mittlerweile 29 Prozent.
Zwischen fünf und sieben Millionen E-Health-Nutzer suchten sich ihre medizinischen Versorgungsangebote selbst zusammen. „Über kurz oder lang werden die anderen Bevölkerungsgruppen nachziehen“, sagt Schachinger. Die organisierte Ärzte- und Apothekerschaft drohe zu den gesundheitlichen Restversorgern der Nation zu werden.
Von einem Digitalisierungsmoratorium rät er ab. Das etablierte Gesundheitswesen müsse aber dennoch kein Verlieren sein, heißt es im Survey. So vertrauten rund 31 Prozent den Empfehlungen ihrer Krankenkasse. (kaha)