EBM-Alarm in der Praxis
So entdecken Sie Erlösgefahren
Wieder einmal müssen Vertragsärzte einen neuen EBM umsetzen. Unser Kolumnist hat pragmatische Wege gesucht, um ein Erlösdesaster in der Praxis zu vermeiden.
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Genau nachrechnen heißt es jetzt bei den Praxiserlösen im 4. Quartal. Dann lässt sich rechtzeitig gegensteuern.
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GROSSENLÜDER. Nach dem EBM-Start war kurzes Abwarten angesagt, um eine erste Einschätzung über die hausärztlichen Auswirkungen des EBM 2013 zu geben. Und vor allem: um eine "To-do-Liste" zu erarbeiten, die EBM-induzierte Erlöseinbrüche vermeiden soll.
Denn nicht hinnehmbar ist, wenn eine Praxis, die die gleiche Patientenzahl mit derselben Behandlungsqualität in Q4/13 behandelt wie in Q4/12, einen Erlöseinbruch nur durch eine formale Änderung der Gebührenordnung erleiden könnte.
Was tun? Das Zauberwort heißt wieder einmal "Praxiscontrolling". Und das bedeutet für die Einnahmeseite aus Leistungen für die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV):
- Leistungsdaten der Vergangenheit ermitteln.
- Mit aktuellen Leistungsdaten vergleichen und Abweichungen feststellen.
- Erlösziel bestimmen.
- Abgleich des Erlöszieles mit dem Erlös-Ist und Feststellung der Abweichung
- Falls Abweichung, Entwicklung von Strategien zur Abweichungskorrektur
Nach Anwendung der Strategien erneuter Soll-Ist-Vergleich; die Prozedur beginnt von vorne. Und das geht so: Zu differenzieren sind GKV-Gesamterlös, Erlös pro GKV-Patientenkontakt, Erlös innerhalb des RLV, Erlös außerhalb des RLV, Erlöse aus nicht budgetierten GKV-Leistungen (z.B. Prävention).
Alle Basisdaten der jetzt folgenden Berechnungen wurden mit der Praxissoftware von Doc Control, x-comfort ® von medatixx ®, ermittelt.
Wichtige Besonderheit: Die Leistungsziffer 03040 "Hausärztliche Zusatzpauschale", 14 Euro , die von der KV automatisch zugesetzt wird, muss - unter Beachtung der Abrechnungsregeln - unbedingt per Praxis-EDV mit erfasst werden, da sonst die Statistik zu ungenau ist.
Die Weiterverarbeitung erfolgte manuell in Tabellenform. Für ein komplettes Quartalscontrolling empfiehlt sich die Benutzung eines Tabellenkalkulationsprogrammes (z.B. Excel). Das vereinfacht die Sache - vor allem die Rechenoperationen- erheblich. Für die Rechnung sind folgende Schritte nötig:
Schritt 1: Vergleich der Tageserlöse und Ermittlung einer Kennzahl Erlös/Patient im Quartalsvergleich 4/12 vs. 4/13. Feststellung einer etwaigen Abweichung.
Imponderabilien: Wochentage waren unterschiedlich, insofern bei dieser kurzzeitigen Betrachtung erhebliche Tagesabweichungen durch Sprechstundentage mit 2 Sprechstunden vs. 1 Sprechstunde (z.B. Mittwoch) im Vergleichsquartal (oder umgekehrt) möglich. Deshalb zusätzlich die Kennzahl Erlös pro Patient.
Schritt 2: Bedingt die Möglichkeit der Erstellung einer RLV-Statistik sowie Zugriff auf historische Statistiken zum Vergleich. x-comfort bietet diese Möglichkeit, vorausgesetzt man hat diese Statistikfunktion im historischen Vergleichszeitraum benutzt.
Die erste Statistik dieser Art in Q4/12 hat Doc Control Ende Oktober ermittelt. Damals fand sich folgende Situation vor (dabei können alle Beträge differenziert nach Leistungsziffern abgerufen werden):
- Erwirtschafteter Betrag: 14.246 Euro
- Erwirtschafteter Betrag nicht budgetierter Leistungen: 3594 Euro
Erst Ende dieses Monats wird ein Vergleich mit den Zahlen aus 2013 möglich sein, da die Praxissoftware keine rückwirkenden RLV-Auswertungen vorsieht. Je häufiger man also diese Statistikfunktion in der Vergangenheit benutzt hatte, um so mehr Abgleichpunkte stehen zur Verfügung.
Bis zu diesem Zeitpunkt herrscht dann hoffentlich auch Klarheit, welche der neu hinzugekommenen Leistungen im EBM (z. B. Ziffern der geriatrischen- und palliativmedizinischen Versorgung) dem RLV unterliegen.
Gegenwärtiger Status in Hessen: Alle neu hinzugekommenen Leistungspositionen unterliegen dem RLV. Wobei die KV Hessen (KVH) auf einen Schiedsspruch hofft. Verhandlungen mit Krankenkassen darüber waren gescheitert.
Ziel ist es, dass für diese Leistungen auch "neues Geld" zur Verfügung gestellt wird. Denn erst dann sind die neuen Leistungen für Hessens Hausärzte lukrativ, weil sie auch bei Überschreiten des RLV in voller Höhe vergütet werden.
Fazit: Die doch ziemlich tief greifenden Änderungen des EBM 2013 erfordern für den Arzt als Praxismanager volle Wachsamkeit. Anhand eines Erlöscontrollings lassen sich Erlösrisiken erkennen.
In einer späteren Kolumne werden Lösungsansätze vorgestellt, wie etwaige negative Erlösabweichungen analysiert werden. Es folgen mögliche Strategien zur Kompensation. Wer zu spät rechnet, darf mit Überraschungen rechnen.
Zur Person: Dr. Bernd W. Alles ist Betriebswirt und niedergelassener Allgemeinmediziner in Großenlüder in Osthessen.
Tagesbilanzen mit EBM - Tabelle zum Fortschreiben
Tag | Tageserlöse in € |
Anzahl GKV-Patienten |
Erlös/ Patient in € |
1.10.2012 | 1.860 | 65 | 28,61 |
1.10.2013 | 2.585 | 64 | 40,39 |
Abweichung 1. Tag | + 725 | - 1 | + 11,78 |
2.10.2012 | 2.324 | 82 | 28,34 |
2.10.2013 | 1.186 | 52 | 22,81 |
Abweichung 2. Tag | - 1.138 | - 30 | - 5,53 |
4.10.2012 | 921 | 36 | 25,58 |
4.10.2013 | 975 | 29 | 33,62 |
Abweichung 3. Tag | + 54 | - 7 | + 8,04 |
Quelle: Dr. Bernd W. Alles, Tabelle: Ärzte Zeitung |