Angst vor Atom-Unfall in der Ukraine
Sorge vor möglicher Strahlenbelastung: Nachfrage nach Jodtabletten steigt
Der Apothekerdachverband verzeichnet nach einem Brand an einem ukrainischen AKW eine starke Nachfrage nach Jodtabletten. Dazu besteht überhaupt keine Veranlassung, so das Bundesamt für Strahlenschutz.
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Apotheken sind nicht die richtige Anlaufstelle, um Ängste vor einer möglichen atomaren Havarie im Zuge des Ukrainekrieges zu bewältigen, so Experten. Vor allem das Bundesamt für Strahlenschutz warnt vor solch einem Aktivismus.
© Michael Bihlmayer/CHROMORANGE/picture alliance
Berlin. Der Apothekerdachverband ABDA rät vom Kauf von Jodtabletten aus Angst vor einer möglichen Strahlenbelastung durch den Ukraine-Krieg ab. Hintergrund sei eine „klar gestiegene“ Nachfrage bei den Präparaten. „Wir hören aus etlichen Apotheken, dass Kunden nach Jodtabletten zur Bevorratung fragen“, sagte ABDA-Sprecherin Ursula Sellerberg am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.
Sich in Deutschland nun mit Jod einzudecken, um sich vor einer vermeintlichen Belastung aus einem ukrainischen Atomkraftwerk zu schützen, sei aber „Panikmache“, betonte Sellerberg. Auch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) schrieb via Twitter: „Wir empfehlen es nicht, einen persönlichen Vorrat anzulegen.“ Auf seiner Website weist das BfS dezidiert darauf hin, Jodtabletten „sollten nur nach ausdrücklicher Aufforderung durch die Katastrophenschutzbehörden eingenommen werden – und nur in der von den Behörden genannten Dosis.“
In der Nacht auf Freitag war auf dem Gelände von Europas größtem Atomkraftwerk in der Ukraine nach Kämpfen ein Feuer ausgebrochen, das inzwischen gelöscht ist. Erhöhte Radioaktivität sei angeblich nicht gemessen worden, hieß es. „Radiologische Auswirkungen auf Deutschland sind nach dem Stand der verfügbaren Informationen nicht zu befürchten“, erklärte BfS mit Stand Freitagmorgen.
Die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker wie auch das Bundesumweltministerium raten vor einer selbstständigen Jod-Einnahme ab: Das gesundheitliche Risiko sei erheblich, während die Einnahme aktuell keinen Nutzen habe.
Es sei wichtig, zwischen zwei Arten von Jodpräparaten zu unterscheiden, erklärte Sellerberg: Auf der einen Seite gebe es hochdosierte Tabletten, die bei einer möglichen Havarie eines Atomkraftwerks eingenommen werden könnten. Der Bund hält fast 190 Millionen dieser hochdosierten Jodtabletten bevorratet, um diese bei Bedarf an die Bevölkerung auszugeben.
Sollte ein Ereignis eintreten, bei dem radioaktives Jod in der Luft zu erwarten ist, übernehmen die Katastrophenschutzbehörden die Verteilung der Tabletten in den möglicherweise betroffenen Gebieten. Die Einnahme von Jodtabletten schützt dabei ausschließlich vor der Aufnahme von radioaktivem Jod in die Schilddrüse, nicht vor der Wirkung anderer radioaktiver Stoffe.
Auf der anderen Seite stünden die niedrigdosierten Tabletten, die beispielsweise langfristig bei Schilddrüsenstörungen eingenommen würden und die es in jeder Apotheke gebe, so Sellerberg. Sie gab zu bedenken, dass man von diesen im Fall eines Atomunglücks theoretisch eine riesige Menge einnehmen müsse. (dpa-AFX/maw)