Nordrhein-Westfalen
Tod eines COVID-19-Patienten: Arzt bestreitet tödliche Injektion
Ein Mediziner der Essener Uniklinik muss sich derzeit wegen Totschlags vor Gericht verantworten. Er soll einem an Corona erkrankten Mann eine überhöhte Dosis Kaliumchlorid verabreicht und damit seinen Tod verursacht haben.
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Haupteingang der Uniklinik Essen. Ein Oberarzt der Klinik soll einem todkranken Corona-Patienten in dessen letzter Lebensphase Medikamente verabreicht haben, die zum sofortigen Tod führten.
© Marcel Kusch/picture alliance
Essen. Es war ein Krankenpfleger, der Alarm geschlagen hat: Im vergangenen November soll ein Arzt der Uniklinik Essen einem COVID-19-Patienten eine überdosierte und damit tödliche Kaliumchlorid-Injektion verabreicht haben, obwohl es noch Hoffnung gegeben habe. Seit Dienstag muss sich der Mediziner in Essen vor Gericht verantworten. Die Anklage lautet auf Totschlag.
Rund neun Monate befindet sich der 45 Jahre alte Arzt bereits in Untersuchungshaft. Der Vorwurf wird von ihm bestritten. Er will erreichen, dass er „rehabilitiert wird und seine Reputation wieder hergestellt wird“, heißt es in einer Erklärung, die von Verteidiger Harald Wostry zum Prozessauftakt verlesen wurde.
Der später Verstorbene war Ende vergangenen Jahres vom niederländischen Venlo auf die Intensivstation nach Essen verlegt worden. Vor seinem Tod soll die Ehefrau über die angeblich aussichtslose Situation informiert worden sein. „Ihr wurde suggeriert, dass ein Ableben zu erwarten ist“, heißt es in der Anklage.
Daraufhin habe die Frau zugestimmt, alle lebenserhaltenden Geräte – darunter auch die Lungenmaschine – abzuschalten. Tatsächlich sei eine Weiterführung der Therapie möglich und gerechtfertigt gewesen, so die Staatsanwaltschaft. Laut Anklage hat die angeblich überdosierte Kaliumchlorid-Injektion unmittelbar zum Tod des 47-Jährigen geführt. Genau das ist nach Angaben des Mediziners jedoch nicht richtig.
Verteidiger: Er wollte den Sterbevorgang abmildern
„Die Beweisaufnahme wird ergeben, dass ursächlich für das Versterben des Patienten das zulässige Abschalten der Geräte war“, heißt es in der von seinem Verteidiger verlesenen Erklärung. Erst danach seien dem Patienten Medikamente verabreicht worden, um den Sterbevorgang abzumildern. Ob sie aber überhaupt noch eine Wirkung entfalten konnten, sei unklar. Von einer Überdosierung könne auf jeden Fall keine Rede sein. Außerdem sei mit der Ehefrau eine palliative Sterbebegleitung besprochen worden.
Die Essener Staatsanwaltschaft hat auch nach dem Tod von zwei weiteren COVID-19-Patienten Anklage gegen den Mediziner erhoben. Diese Fälle werden im aktuellen Prozess jedoch nicht mitverhandelt. Hier will das Essener Schwurgericht erst weitere Beweise und Gutachten einholen. Anschließend soll entschieden werden, ob darüber überhaupt verhandelt wird.
Nach Angaben von Verteidiger Wostry besteht das Arbeitsverhältnis des Angeklagten mit der Uniklinik Essen noch bis Ende September 2021 fort. Die Richter haben für den Prozess zunächst noch 14 Verhandlungstage bis zum 3. November vorgesehen. (dpa)