Alkoholismus verschwiegen?

Transplantationsskandal hat Nachspiel für Patientin

Weil sie im Prozess gegen einen Göttinger Transplantationschirurgen falsche Angaben zu ihrem Alkoholkonsum gemacht haben soll, muss sich eine Patientin jetzt selbst vor Gericht verantworten.

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Der Prozess am Göttinger Landgericht – im Bild der Sitzungssaal am Tag des Plädoyers der Anklage Ende April – brachte die Organspende in erheblichen Misskredit.

Der Prozess am Göttinger Landgericht – im Bild der Sitzungssaal am Tag des Plädoyers der Anklage Ende April – brachte die Organspende in erheblichen Misskredit.

© Swen Pförtner / dpa

GÖTTINGEN. Der Prozess um den Transplantationsskandal am Göttinger Universitätsklinikum hat ein Nachspiel. Das Amtsgericht Göttingen hat auf Antrag der Staatsanwaltschaft Braunschweig gegen eine Patientin, die in dem Verfahren gegen den Transplantationschirurgen als Zeugin ausgesagt hatte, einen Strafbefehl wegen uneidlicher Falschaussage erlassen.

Die 39-Jährige soll 90 Tagessätze zu 20 Euro (insgesamt 1800 Euro) zahlen, weil sie vor dem Landgericht Göttingen falsche Angaben zu ihrem Alkoholkonsum gemacht haben soll.

Nach Angaben eines Justizsprechers hat die Patientin gegen den Strafbefehl Einspruch eingelegt. Das hat zur Folge, dass sich das Amtsgericht demnächst in mündlicher Verhandlung mit dem Fall zu befassen hat.

Schwere Leberzirrhose

Die Patientin hatte nach eigenen Angaben jahrelang täglich bis zu einer Flasche Wodka oder Korn getrunken und sich dadurch eine schwere Leberzirrhose zugezogen. Während es die Medizinische Hochschule Hannover ablehnte, sie in die Warteliste für ein Spenderorgan aufzunehmen, bekam sie im Mai 2010 im Göttinger Klinikum eine neue Leber eingepflanzt.

Bei ihrer Zeugenbefragung vor Gericht machte sie widersprüchliche Angaben zu ihrem Alkoholkonsum vor der Transplantation. Zunächst behauptete sie, etwa ein Jahr lang keinen Alkohol mehr angerührt zu haben.

Später erklärte sie auf Nachfrage der Staatsanwaltschaft, dass sie seit Silvester, also etwas mehr als vier Monate, keinen Alkohol mehr getrunken habe. Nach Auffassung der Strafverfolgungsbehörde geht jedoch aus ihren Patientenunterlagen hervor, dass sie noch wenige Wochen vorher regelmäßig Alkohol getrunken habe.

Höchststrafe von fünf Jahren möglich

Die per Strafbefehl verhängte Geldstrafe von 90 Tagessätzen entspricht einer Freiheitsstrafe von drei Monaten. Dies ist die niedrigste Strafe, die für eine uneidliche Falschaussage verhängt wird. Die Höchststrafe liegt bei fünf Jahren.

Zu der demnächst anstehenden Verhandlung gegen die Patientin sind unter anderem die Richter der Schwurgerichtskammer als Zeugen geladen.

Die Kammer hatte Anfang Mai einen Chirurgen frei gesprochen. Die Richter sahen es zwar als erwiesen an, dass der Angeklagte die Manipulation von Patientendaten veranlasst oder davon gewusst habe. Dies sei aber damals nicht strafbar gewesen.

Der Arzt habe auch gegen Richtlinien der Bundesärztekammer verstoßen. Dies sei jedoch ebenfalls strafrechtlich nicht relevant, weil die Richtlinien verfassungswidrig seien. Sie schreiben vor, dass alkoholkranke Patienten nur dann eine Spenderleber erhalten dürfen, wenn sie sechs Monate lang trocken waren.

Seit kurzem liegt das schriftliche Urteil vor, es umfasst beachtliche 1231 Seiten. Während die Kammer für das Abfassen mehrere Monate Zeit hatte, muss die Staatsanwaltschaft ihre bereits angekündigte Revision innerhalb eines Monats begründen. (pid)

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