Plausibilitätsprüfung
Vorsicht, wenn die KV ruft
Die Kassenärztlichen Vereinigungen sind offenbar auf Plausibilitätsprüfungen aus. Denn dazu könnten die Gespräche führen, zu denen zuletzt mehrere niedergelassene und ermächtigte Ärzte eingeladen wurden.
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Der Kampf gegen die Uhr: Ärzte, die die Tagesprofile nicht im Blick hatten, müssen jetzt eventuell zum Rapport zur KV.
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DORTMUND. Mehrere niedergelassene und ermächtigte Ärzte haben zuletzt Post von ihrer Kassenärztlichen Vereinigung (KV) erhalten.
Man bittet zu einem Gespräch, in dem offene Fragen zu Abrechnung, Praxisstruktur und Arbeitsweise erörtert werden sollen. Dazu soll der Arzt Patientendokumentationen mitbringen.
Der Hinweis, dass eine Plausibilitätsprüfung zugrunde liegt, wirkt eher beiläufig. Für den Arzt ist höchste Vorsicht geboten - es drohen empfindliche Sanktionen.
Fehlerhaftigkeit wird abgeklärt
In einer Plausibilitätsprüfung wird die Fehlerhaftigkeit ärztlicher Abrechnungen abgeklärt. Anhaltspunkte für die Vermutung einer Fehlerhaftigkeit sind Abrechnungsauffälligkeiten, die sich vor allem bei Zeitprofilüberschreitungen und/oder bei sonstigen Verdachtsmomenten ergeben, etwa wenn der KV von Dritten (Patienten, unzufriedenen nachgeordneten Mitarbeitern etc.) stichhaltige Hinweise auf Abrechnungsmängel bekannt werden.
Ein weiterer für niedergelassene Ärzte relevanter Bereich betrifft die Prüfung von Patientenidentitäten bei Praxisgemeinschaften ("faktische Gemeinschaftspraxis").
Die meist anzutreffende Prüfung betrifft die Zeitprofile, die anhand der im EBM (dort Anhang 3) niedergelegten Zeiten berechnet werden. Während niedergelassenen Ärzten im Quartal 780 Stunden zugestanden werden, gilt für ermächtigte Ärzte bereits ein Ansatz von 156 Stunden als auffällig. Von diesen Auffälligkeitsgrenzen wird aber regional bzw. in Einzelfällen teils zugunsten der Ärzte abgewichen.
Im Bereich des sog. "Tagesprofils" erfolgen sowohl für niedergelassene als auch ermächtigte Ärzte weitere Prüfungen, wenn an mindestens drei Tagen im Quartal Leistungen von mehr als 12 Stunden angesetzt werden. Allerdings werden nicht alle Leistungen in das Tagesprofil einberechnet. Welche Leistungen tagesprofilrelevant sind, ergibt sich aus dem Anhang 3 des EBM.
Es drohen schmerzhafte Sanktionen
Diese Auffälligkeitsgrenzen sind insbesondere bei ermächtigten Ärzten weithin unbekannt. Einige KVen sind derzeit in Prüfungen eingetreten, wobei vor allem größere Ermächtigungsambulanzen in den Fokus geraten sind.
Zeigen sich dort erhebliche Überschreitungen im Tages- bzw. Quartalsprofil, liegt die Vermutung nahe, dass der ermächtigte Arzt diese Leistungen neben seiner Tätigkeit als Krankenhausarzt nicht wie erforderlich höchstpersönlich, sondern nur unter Inanspruchnahme nachgeordneter Ärzte hat erbringen können - mit der Folge, dass die Prüfung sich nun auf diese Verstöße bezieht.
Lässt sich die Vermutung der Implausibilität nicht widerlegen, drohen nachhaltige Sanktionen. Die wirtschaftlich bedeutsamste Gefahr besteht in Honorarrückforderungen seitens der KV, die sich auf mehrere Jahre erstrecken können, im Rahmen einer Schätzung ermittelt werden dürfen und - abhängig vom Fachgebiet - empfindliche Höhen erreichen.
Ob dem Arzt sein Fehlverhalten bewusst ist, spielt dabei keine Rolle. Daneben kann es zu disziplinar-, berufs- und strafrechtlichen, bei angestellten Ärzten auch zu arbeitsrechtlichen Sanktionen kommen.
Akteneinsicht sinnvoll
Die versandten Einladungen zu Gesprächen sind angesichts dessen mit höchster Vorsicht zu betrachten. Aus der Praxis ist leider bekannt, dass viele Ärzte sich in derartigen Gesprächen (unwissend) um "Kopf und Kragen" reden.
Es sollte daher unbedingt Akteneinsicht genommen werden, um den Kenntnisstand der KV abzuklären und eine Strategie für das Gespräch zu entwickeln. Zudem ist die Hinzuziehung eines spezialisierten Anwalts zu empfehlen.
Das Thema mag als unerfreulich empfunden werden, man muss sich jedoch wappnen, um unter Umständen existenzielle Folgen zu vermeiden.