Euro-Talfahrt
Vorteile und Risiken der EU-Geldpolitik
Der Wert des Euro sinkt und sinkt - und das ist durchaus nicht unerwünscht. Was heißt das für Verbraucher?
Veröffentlicht:FRANKFURT/MAIN. Der Euro ist seit Wochen im Sinkflug: Am Dienstag sackte die Gemeinschaftswährung erstmals seit zwei Jahren unter die Marke von 1,26 Dollar.
Zeitweise hatte sie in diesem Jahr noch 1,39 Dollar erreicht. Auch gegenüber anderen wichtigen Währungen schwächelt der Euro. Was bedeutet die Entwicklung für Verbraucher und Unternehmen?
Wie ist die Lage im Euro-Raum?
Eine kräftige Erholung der Wirtschaft lässt auf sich warten. Die dümpelnde Konjunktur und die Mini-Inflation - im September lag die Preissteigerungsrate nur noch bei 0,3 Prozent - nähren die Sorge, dass die Eurozone auf eine Deflation zusteuert.
Das ist eine gefährliche Abwärtsspirale aus Preisverfall und schrumpfender Wirtschaft. Dem soll mit allen Mitteln entgegengewirkt werden.Welche Rolle spielt die Geldpolitik der EZB?
Im Kampf gegen die gefährlich niedrige Inflation flutet die Europäische Zentralbank die Märkte mit Geld. Der Leitzins ist auf dem Rekordtief von 0,05 Prozent angelangt. Zugleich beschlossen die Währungshüter Anfang September den Ankauf von ABS-Kreditpaketen und Pfandbriefen.
Die Geldschwemme schwächt den Euro gegenüber anderen Währungen - was nach Aussagen von EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny durchaus beabsichtigt ist.
Der Chef der österreichischen Notenbank sprach nach den Beschlüssen vom September von einem "großen Entlastungseffekt auf die Exportwirtschaft", weil ein schwächerer Euro Ausfuhren für Abnehmer außerhalb des Euroraums verbilligt.
In den USA und Großbritannien deuten sich für 2015 dagegen erstmals seit der Finanzkrise wieder Zinserhöhungen an. Die Anleihekäufe zur Stützung der Konjunktur fährt die US-Notenbank angesichts der guten Wirtschaftsentwicklung bereits zurück.
Wie geht es weiter mit dem Euro? Der Druck auf die Europäische Zentralbank, ihre Geldpolitik noch weiter zu lockern, dürfte angesichts der niedrigen Inflation noch zunehmen.
Beobachter gehen davon aus, dass die Notenbank früher oder später ihr schärfstes Schwert zücken könnte: breit angelegte Käufe privater und öffentlicher Wertpapiere wie Staatsanleihen.
Die Zinsen im Euroraum dürften auf absehbare Zeit nicht steigen und die mageren Zeiten für Sparer damit weiter anhalten.
Was bedeutet ein schwacher Euro für die Unternehmen?
Für die Exportwirtschaft kann die Schwächung des Euro wie ein kleines Konjunkturprogramm wirken. Je weniger ein Euro in fremder Währung kostet, umso billiger können ausländische Kunden in der Eurozone einkaufen.
Das kurbelt die Nachfrage nach europäischen Produkten an. Konzerne, die weltweit aktiv sind und unter der vergangenen Euro-Stärke gelitten hatten, dürften aufatmen.
Denn wenn Währungen in den jeweiligen Ländern stärker werden, dann bleibt bei der Umrechnung in Euro davon mehr übrig. Die Kehrseite der Medaille: Der Import von Rohstoffen und Vorprodukten, die in Deutschland zur Herstellung gebraucht werden, wird tendenziell teurer.
Was bedeutet die Entwicklung für Verbraucher?
Beim Tanken könnte der schwächere Euro zu höheren Preisen führen. Denn Rohöl und Benzin werden im internationalen Raum in Dollar gehandelt.
Da die Rohölpreise derzeit aber eher sinken, bleiben Autofahrer hierzulande zunächst von drastischen Preissprüngen an der Zapfsäule verschont. Teurer wird es für Reisende in die USA, oder auch nach Großbritannien.
Für Urlauber in den 17 Partnerländern der Eurozone sind Währungseffekte hingegen kein Thema. (dpa)