Arbeitsbedingungen an Unikliniken

Weniger Befristung, mehr Planungssicherheit: Marburger Bund kritisiert Wissenschaftszeitgesetz

Das neue Gesetzesvorhaben des Forschungsministeriums nimmt aus Sicht des Marburger Bundes nicht ausreichend die Missstände bei den Arbeitsbedingungen an den Unikliniken in den Fokus.

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Berlin. Kurze Befristungen sind bei ärztlichen Arbeitsverhältnissen in Universitätskliniken weit verbreitet. Auch mit dem neuesten Gesetzesvorhaben des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) wird diesem Missstand nicht im erforderlichen Maße begegnet, kritisiert der Marburger Bund in einer Stellungnahme zum Referentenentwurf für ein Gesetz zur Änderung des Befristungsrechts für die Wissenschaft am Dienstag.

„Unsere Erfahrung zeigt, dass im medizinischen Bereich das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) in erster Linie genutzt wird, um Ärztinnen und Ärzte, die an ihrer Universitätsklinik nicht überwiegend wissenschaftlich arbeiten, sondern in der Krankenversorgung, länger in befristeten Arbeitsverhältnissen zu beschäftigen, anstatt sie zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu entfristen“, heißt es.

Bereits bei der letzten Novellierung des WissZeitVG hätten sowohl der Marburger Bund als auch der Bundesrat die Aufhebung der ursprünglich aus dem Hochschulrahmengesetz übernommenen Tarifsperre gefordert, die es den zuständigen Gewerkschaften nicht erlaubte, mit den Arbeitgebern eigene Tarifregelungen zu verhandeln.

Schritte in die richtige Richtung

„Erneut wird dieser Forderung nicht vollständig nachgekommen, sondern nur die bestehende Ausnahmeregelung erweitert, um den Tarifvertragsparteien mehr Mitbestimmung bei den befristungsrechtlichen Rahmenbedingungen zu ermöglichen. Darüberhinausgehende Abweichungen von den gesetzlichen Regelungen sollen weiterhin ausgeschlossen sein. Aus unserer Sicht ist dies jedoch nicht ausreichend und zielführend. Insbesondere Berufsgruppengewerkschaften wie der Marburger Bund könnten für ihre Mitglieder passgenaue Lösungen entwickeln und wesentlich flexibler und schneller reagieren als der Gesetzgeber“, bekräftigt die Ärztegewerkschaft.

Eine Verkürzung der Höchstbefristungsdauer bei zeitgleicher Verankerung von Mindestvertragslaufzeiten von drei, respektive zwei Jahren für Erstverträge in Qualifizierungsphasen vor und nach der Promotion wie auch das Verlassen der medizinischen Sonderregelung seien zumindest Schritte in die richtige Richtung und geeignet, Unsicherheiten über die berufliche Zukunft etwas besser einzugrenzen.

In diesem Zusammenhang stelle sich allerdings die Frage, warum die Höchstbefristungsdauer in der Postdoc-Phase entgegen der Eckpunkte des BMBF nun doch nur auf vier anstatt drei Jahre gesenkt wird.

Befristung als Druckmittel?

Hinzu trete in der Medizin noch die Beobachtung, dass bei denjenigen Ärztinnen und Ärzten, die sich tatsächlich wissenschaftlich über die Promotion hinaus qualifizieren und die man halten möchte, oft eine frühzeitige Entfristung praktiziert wird. „Es drängt sich daher der Verdacht auf, dass Befristungen auch als Druckmittel gegenüber hauptsächlich in der Patientenversorgung tätigen Ärztinnen und Ärzten – und hier insbesondere Teilzeitbeschäftigten – genutzt werden und zudem ausschließlich die Flexibilität der Arbeitgeber gewährleisten“, kritisiert der MB.

Es gelte daher, den Zeitraum, in dem eine Aneinanderreihung befristeter Beschäftigungsverhältnisse gesetzlich ermöglicht wird, so kurz wie möglich zu halten. Ärztinnen und Ärzte seien zwar auch wissenschaftlich tätig, da ihnen neben Aufgaben in der Krankenversorgung solche in Forschung und Lehre obliegen. Prägend für die erste berufliche Tätigkeit in der Universitätsklinik, nach Abschluss des Studiums, sei jedoch in der Regel nicht die Promotion, sondern die Facharztweiterbildung.

Daher sollte die Befristung solcher Arbeitsverträge, bei denen zum Zweck der Weiterbildung eingestellt wird, auf Grundlage des Gesetzes über befristete Arbeitsverträge mit Ärzten in der Weiterbildung erfolgen und nicht auf Grundlage des WissZeitVG. (eb)

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