Recht
Wettbewerb belebt auch das Geschäft der Wettbewerbszentrale
Die Wettbewerbszentrale hat im vergangenen Jahr 470 Anfragen und Beschwerden aus der Gesundheitswirtschaft wegen – tatsächlich oder vermeintlich – unlauterer Praktiken erhalten. Über die Hälfte entfiel bereits auf digitale Werbeauftritte.
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Einfach mal selbst probieren: Der Handel mit Blutzuckerteststreifen floriert auch auf Ebay. Etliche Angebote rangieren unter „privater Verkäufer“. Damit werden Verbraucherrechte umgangen und Kostenträger geschädigt.
© Screenshot ebay-Internetseite
BAD HOMBURG. Arztbewertungsportale, Onlineshops, Health Apps, Fernbehandlung: Digitale Geschäftsmodelle haben auch in der Gesundheitsbranche Hochkonjunktur. Das spürt auch die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs: Bei im Vorjahresvergleich annähernd stabilen Fallzahlen betrafen 2017 bereits über die Hälfte (56 Prozent) aller Prüfungen von Werbemaßnahmen in Sachen Gesundheit & Co Internetauftritte. Das berichtete die Ressortverantwortliche, Christiane Köber, bei einem Hintergrundgespräch am Mittwoch in Bad Homburg. Köber: "Die Kanäle ändern sich, aber die irreführende Werbung gibt es weiterhin".
Werbung für Fernbehandlung
Unter anderem nahm man sich die Fernbehandlung zur Brust und mahnte den privaten Versicherer Ottonova ab, weil der für den "digitalen Arztbesuch" samt Diagnose, Therapieempfehlung und Krankschreibung per App wirbt. Das aber, moniert Rechtsanwältin Köber, verstoße gegen das im Heilmittelwerbegesetz verankerte Werbeverbot für Fernbehandlungen. Weil sich Ottonova nicht fügen wollte, zog die Zentrale vor Gericht.
Den Termin zur mündlichen Verhandlung hat das Landgericht München auf den 8. Januar 2019 anberaumt – durchaus denkbar, dass der Gesetzgeber schneller ist und noch vorher die rechtlichen Rahmenbedingungen entsprechend den Ärztetag-Beschlüssen zur Lockerung des berufsrechtlichen Fernbehandlungsverbots anpasst. Es sei auch Aufgabe der Wettbewerbszentrale, auf gesetzgeberischen Handlungsbedarf hinzuweisen, begründet Köber die Klage gegen Ottonova: "Wie so oft hinkt die Rechtsentwicklung der Lebenswirklichkeit hinterher. Unternehmer aus der Gesundheitsbranche brauchen aber mehr Rechtssicherheit, und dazu wollen wir mit Musterprozessen beitragen."
Teststreifen privat
Köber berichtete auch von dem neuen Phänomen des privaten Teststreifenhandels bei Ebay, wie er 2017 auffällig zahlreich aufgepoppt sei. Blutzuckerteststreifen für vergleichsweise kleines Geld – dagegen sei die Wettbewerbszentrale im Jahresverlauf allein 59 mal vorgegangen.
In den meisten Fällen hätten die Anbieter auch eine Unterlassungserklärung unterschrieben. In einem besonders krassen Fall habe ein einziger Anbieter im Jahresverlauf über 1800 Packungen à 50 Teststreifen auf der Online-Verkaufsplattform – Umsatzpotenzial nach eigener Preisgestaltung: 30.000 Euro – angeboten. Derselbe Verkäufer habe bei Ebay auch sechs hochpreisige Geräte zur Selbstmessung der Blutgerinnung für insgesamt über 3000 Euro eingestellt.
In diesem Jahr seien bislang schon 56 Fälle privaten Teststreifenhandels bei Ebay aktenkundig, so Köber, weshalb davon auszugehen sei, dass bis Jahresende noch "reichlich mehr hinzukommt".
Köber kündigte an, demnächst mit Kassen über diese privaten Verkaufspraktiken sprechen zu wollen, denn zu deren Lasten würden diese Geschäfte vermutlich getätigt. Indizien, dass Ärzte darin verwickelt wären und Gefälligkeitsverordnungen zur anschließenden Verwertung ausstellten, habe man bisher nicht gefunden.