Es funktioniert
Work-Life-Balance in der Einzelpraxis
Was andere junge Ärzte inzwischen oft scheuen, ist für die Allgemeinmedizinerin Maike Döbbelin der richtige Weg zu mehr Work-Life-Balance: der Schritt in die Niederlassung in einer Einzelpraxis.
Veröffentlicht:BERLIN. "Ich wage es", sagt Maike Döbbelin. Die 44-jährige Allgemeinmedizinerin schlägt zum Jahreswechsel ein neues Kapitel in ihrer Berufsbiografie auf. Nach diversen Stationen in Kliniken und Gemeinschaftspraxen startet sie zum 1. Januar 2015 in ihre eigene Einzelpraxis in Berlin-Spandau.
Nur wenige Straßenzüge von ihrem Elternhaus entfernt ist sie sich mit einem Arzt einig geworden, der seine Praxis in dem nicht gerade wohlhabenden Randbezirk von Berlin bereits seit längerem abgeben will.
"Das war Sympathie auf den ersten Blick", sagt Maike Döbbelin. Die Praxis gefiel ihr, der Preis stimmte, und der Praxisabgeber war freundlich. Er bot der jungen Ärztin auch Unterstützung beim Weg in die Selbstständigkeit an.
Seine Frau wird Döbbelin nun noch ein halbes Jahr lang als Medizinische Fachangestellte begleiten. Auch die beiden anderen Teilzeitkräfte übernimmt Döbbelin.
Für Döbbelin war spätestens dann klar, dass sie irgendwann in einer Praxis arbeiten wird, als die Entscheidung für die Allgemeinmedizin fiel. Die fiel nicht ganz freiwillig. Denn eigentlich wollte Döbbelin nach dem Medizinstudium in die Unfallchirurgie.
Für sie als junge Mutter schien der Op-Katalog für den Facharzt-Titel praktisch nicht machbar. Ihre unfallchirurgische Erfahrung aus der Zeit im Praktischen Jahr am Berliner Virchow-Klinikum, das heute zur Uniklinik Charité gehört, will sie aber auch in der Praxis nutzen: "Patienten mit kleineren Verletzungen muss ich nicht wegschicken".
60 Stunden pro Woche in der Klinik
Den Entschluss, in die Niederlassung zu gehen, fasste Döbbelin vor rund einem Jahr. Im evangelischen Zentrum für Altersmedizin in Potsdam, wo sie als Oberärztin arbeitet, wurden eine Oberarztstelle und eine Verwaltungsstelle praktisch zeitgleich gestrichen.
Unter 60 Stunden pro Woche kommt sie seitdem selten aus der Klinik. Ihr ist klar, dass auch die Niederlassung viel Arbeit und bürokratischen Aufwand mit sich bringt. "Aber da arbeite ich in meine eigene Tasche", sagt sie.
Eine Anstellung in einem Medizinischen Versorgungszentrum oder einer Gemeinschaftspraxis war deshalb für sie keine Option. "Das ist wie in einer kleinen Klinik", schildert Döbbelin ihre Erfahrungen mit einer großen Gemeinschaftspraxis während ihrer Facharztweiterbildung.
Mehr Work-Life-Balance erwartet die künftige Hausärztin mit vier Kindern im Alter von 20, 17, 14 und 11 Jahren jedoch auch von ihrer Niederlassung: "Die Arbeit ist anders einteilbar. Auch die Kinder freuen sich sehr im Hinblick darauf, dass Wochenend- und Feiertags-Dienste wegfallen."
Ihre Schwerpunkte Geriatrie und Palliativmedizin will sie weiterhin pflegen. Die Berechtigung zur Teilnahme an der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung bringt sie mit. Auch mit Schmerztherapie hat sie reichlich Erfahrung. Das wird sich bei den Patienten herumsprechen.
Rund 1000 Patienten versorgt ihr Vorgänger in seiner 110 Quadratmeter großen Praxis derzeit. Der Privatpatientenanteil liegt bei neun Prozent. Beide Kennzahlen sind guter Berliner Durchschnitt. Dabei hat die Praxis eine günstige Kostenstruktur.
Das ist Döbbelin wichtig. Denn sie will in der Niederlassung nicht weniger verdienen als jetzt als Oberärztin. Zwei Praxen hatte sie bereits gesehen, bevor ihre MLP-Beraterin Susanne Ouali ihr die Praxis in Spandau vorschlug, die sie mit Hilfe des MLP-Praxenmarktes gefunden hatte.
In vier Monaten zur eigenen Praxis
Alles lief wie am Schnürchen. Auch Ouali bezeichnet diese Übergabe als idealtypisch. Vom ersten Treffen mit dem Praxisabgeber bis zur Zustimmung des Berliner Zulassungsausschusses vergingen gerade einmal vier Monate.
Die Formalien hat Ouali für Döbbelin geklärt. Sie organisierte einen Kaufvertrag mit allen nötigen Detailbestimmungen und Anhängen, den eine Fachanwältin für Medizinrecht ausgearbeitet hat.
Sie kümmerte sich um die Finanzierung und sorgte auch für vermeintliche Kleinigkeiten, die aber zeitaufwendig sind. Zum Beispiel dafür, dass die Erklärung des Praxisvermieters zur Übergabe rechtzeitig zum Termin beim Zulassungsausschuss war.
In ihrem Büro füllt Ouali einen ganzen Ordner mit Unterlagen zu dieser Praxisübergabe. Döbbelin hat nochmal drei Ordner zu Hause. "Was da für ein Schwanz an Bürokratie dranhängt, ist enorm", sagt die Ärztin.
Sie sei froh, dass MLP das für sie übernommen hat, denn sie selbst sei als Oberärztin und als vierfache Mutter eingespannt. Eines lässt sie sich aber bei allem Stress nicht nehmen: Zum Ausgleich geht sie regelmäßig Laufen.