Praxis-Marketing
Zuviel heiße Luft provoziert Abmahnung
Das Heilmittelwerbegesetz gilt auch für Heilberufler, die ihr Leistungsangebot anpreisen. Wer dabei über die Stränge schlägt und mehr verspricht, als er - wissenschaftlich gesichert - halten kann, riskiert Abmahnungen durch Wettbewerber oder einen Abmahnverein.
Veröffentlicht:KARLSRUHE. Ärzte, die private Leistungen bewerben, beispielsweise Individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL), müssen darauf achten, dass sie sich nicht auf das dünne Eis der Irreführung begeben.
Das gilt besonders dann, wenn Verfahren angeboten werden, für die es keine wissenschaftlichen Wirksamkeitsbelege gibt.
Im Zweifelsfall sollte dann "ein Hinweis auf die fehlende wissenschaftliche Absicherung erfolgen, damit die Werbung nicht irreführend und deshalb abmahnfähig ist", rät die Mainzer Rechtsanwältin Henriette Marcus.
Exemplarisch bezieht sich die Fachanwältin für Medizinrecht auf ein kürzlich ergangenes Urteil des Landgerichts Karlsruhe. Das gab der Wettbewerbszentrale in der Klage gegen eine osteopathische Therapeutenpraxis statt.
Unzureichende wissenschaftliche Absicherung
Die Therapeuten hatten osteopathische Behandlungen als "Therapie bei akuten und chronischen wirbelsäuleninduzierten Schmerzzuständen, bei Verklebungen und Vernarbungen innerer Organe mit reaktiver Bewegungseinschränkung, bei Organabsenkung und Inkontinenz, bei Schädelasymmetrien von Neugeborenen und Säuglingen sowie zur Skolioseprophylaxe" beworben, allerdings ohne Hinweis auf die unzureichende wissenschaftliche Absicherung.
Das Landgericht verwies auf Paragraf 3 des Heilmittelwerbegesetzes, wonach eine Irreführung insbesondere dann vorliegt, "wenn Arzneimitteln, Medizinprodukten, Verfahren, Behandlungen, Gegenständen oder anderen Mitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben".
Das Gericht, so Anwältin Marcus, habe mit Hinweis auf den Gesundheitsschutz gefordert, dass "Angaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung" nur dann zulässig seien, "wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis" entsprechen.
Therapeuten legten Studien vor
Die von den beklagten Therapeuten vorgelegten Studien oder Studienzusammenfassungen hätten dieser Anforderung nicht genügt. Für bestimmte Indikationsbereiche hätten sogar überhaupt keine wissenschaftlichen Nachweise vorgelegt werden können.
Laut Landgericht bestehen in der Wissenschaft Zweifel an den Grundlagen der Osteopathie. Auch die Bewertung der Bundesärztekammer zu den osteopathischen Verfahren aus dem Jahr 2009 sei nicht ausreichend, um die Osteopathie als anerkannte Behandlungsmethode zu akzeptieren.
Die konkrete Werbung der Osteopathen war daher kostenpflichtig zu untersagen.
Landgericht Karlsruhe Az.: 14 O 49/14 KfH III