Homöopathie wird für Kollegen immer attraktiver

NEU-ISENBURG. Homöopathisch tätige Ärzte können die Behandlung von Kassenpatienten seit kurzem direkt mit vielen gesetzlichen Kassen abrechnen - zu einem durchaus attraktiven und festen Honorar in Euro. Angestoßen hat das vor allem der Deutsche Zentralverein Homöopathischer Ärzte.

Von Jürgen Lutz Veröffentlicht:

Im Juni 2006 meldete der Verein, dem nach eigenen Angaben etwa 4000 der 6000 homöopathisch tätigen Ärzte hierzulande angehören, den Abschluss eines Mustervertrags mit der Deutschen BKK und dem Deutschen Apothekerverband. Inzwischen haben viele Betriebs-, aber auch Innungskrankenkassen den Vertrag im Rahmen der Integrierten Versorgung unterzeichnet. Aktuell sind 85 Kassen mit im Boot.

"Damit haben mehrere Millionen gesetzlich versicherter Patienten Anspruch auf homöopathische Leistungen. Und die Ärzte erhalten dafür eine attraktive Vergütung", sagte Pressesprecher Christoph Trapp vom Zentralverein auf Anfrage der "Ärzte Zeitung". In der Tat steht die Vergütung im Rahmen des Vertrages hinter der für privatärztlich erbrachte Homöopathie kaum zurück. Außerdem sind die Positionen differenzierter als in der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Folgende Leistungen können erbracht und abgerechnet werden:

  • Homöopathische Erstanamnese vom Beginn des 13. Lebensjahres an: 90 Euro. Diese Leistung muss erbracht werden nach homöopathisch-individuellen Gesichtspunkten mit schriftlicher Aufzeichnung zur Einleitung einer homöopathischen Behandlung (Mindestdauer 60 Minuten). Die Leistung ist - wie in der GOÄ auch - innerhalb eines Jahres maximal einmal erstattungsfähig. Bei Patienten bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr bringt die Erstanamnese 60 Euro. Die Mindestdauer beträgt in diesem Fall 40 Minuten.
  • Repertorisation: 20 Euro. Das in der klassischen Homöopathie so bezeichnete Auffinden des geeigneten Arzneimittels in den Verzeichnissen ist innerhalb eines Jahres höchstens zweimal erstattungsfähig. Diese Position findet sich in der GOÄ nicht.
  • Homöopathische Analyse: 20 Euro. Auch diese Leistung ist innerhalb eines Jahres höchstens zweimal erstattungsfähig und existiert in der GOÄ nicht.
  • Homöopathische Folgeanamnese: Bei einer mindestens 30-minütigen Dauer erhalten Kollegen 45 Euro, bei einer Mindestdauer von 15 Minuten 22,50 Euro und bei mindestens sieben Minuten zehn Euro. In der GOÄ lassen sich Folgeanamnesen nur bei einer Mindestdauer von 30 Minuten abrechnen. Die Folgeanamnesen nach dem IV-Vertrag sind pro Quartal maximal zweimal erstattungsfähig und lassen sich nicht am selben Tag oder mit der Erstanamnese abrechnen.

Ärzte, die sich dem Vertrag anschließen - sie müssen dazu nicht unbedingt Mitglied des Zentralvereins sein -, können aktuell Patienten von 85 gesetzlichen Kassen homöopathisch behandeln. Sie müssen sich dazu beim Zentralverein anmelden und das Qualifikationsprofil erfüllen (siehe "Stete Fortbildung...").

Zentralverein stellt im Internet alles Nötige zur Verfügung

Welche Kassen aktuell dazu gehören, steht im Internet unter der Adresse www.welt-der-homoeopathie.de. Interessenten klicken dort auf die Rubrik "Homöopathie für Kassenpatienten", dann "Downloads für Ärzte" und schließlich auf "Übersicht über die am IV-Vertrag Homöopathie teilnehmenden BKKn und IKKn".

Bevor Patienten dieser Krankenkassen homöopathische Leistungen in Anspruch nehmen können, müssen sie sich bei ihrem Arzt einschreiben. Das läuft nach den Worten des homöopathisch tätigen Allgemeinarztes Dr. Andreas Hauptmann unbürokratisch ab. Auch diese Unterlagen finden sich auf www.welt-der-homoeopathie.de. Die erbrachten Leistungen rechnen Kollegen quartalsweise mit dem Zentralverein ab, der die Vergütung an sie weiterleitet, wenn die Kassen bezahlt haben. Die Abrechnungsbögen gibt es im Web.

Der Zentralverein ist nicht der einzige Akteur, der die Vergütung homöopathischer Leistungen forciert. Mehrere Kassenärztliche Vereinigungen (KVen) haben mit dem Arbeiter-Ersatzkassenverband einen Strukturvertrag geschlossen.

In fünf KVen ist Homöopathie inzwischen eine Kassenleistung

Ärzte in den KVen Nordrhein, Westfalen-Lippe, Sachsen, Bayern und Rheinland-Pfalz können den Patienten dreier Kassen, darunter die Gmünder, Homöopathie als Kassenleistung anbieten. Die Vergütung für Repertorisation und homöopathische Analyse liegt bei diesem Vertrag mit 25 und 30 Euro höher. Die Folgeanamnese wird meist mit 45 Euro vergütet. Eine weniger als 30-minütige Folgeanamnese gibt es nicht.

Wer nicht Mitglied dieser KVen ist oder Patienten behandelt, die keiner der 85 Kassen angehören, kann Kassenpatienten Homöopathie als Individuelle Gesundheitsleistung (IGeL) anbieten - und zwar nach den Ziffern 30 und 31 GOÄ. Diese bringen bei 2,3-fachem Satz 120,66 Euro (Ziffer 30) und 60,33 Euro (Ziffer 31). Anders als bei den Verträgen des Zentralvereins und der KVen müssen Ärzte, die privatärztlich abrechnen, keine Qualifikation nachweisen.

Gibt es wegen der GOÄ-Abrechnung Probleme mit der KV oder einer Kasse, sollten sich Ärzte wehren, empfiehlt GOÄ-Spezialist Dr. Bernhard Kleinken. Homöopathie stehe bislang nicht im EBM und sei mit den erwähnten Ausnahmen deshalb nach GOÄ abzurechnen - auch wenn Kassen oder KVen das anders sehen.

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