Sonnencreme
Selbst Ärzte schätzen Wirksamkeit falsch ein
Sogar Hautärzte unterschätzen die Schutzwirkung von Sonnencremes, wenn diese ungünstig dargestellt wird, d. h. nicht mit LSF. Dabei kann eine einfache Faustregel helfen.
Veröffentlicht:BERLIN. Über die Wirksamkeit von Sonnencremes kursieren viele Mythen und Falschinformationen – deren Schutzwirkung wird tendenziell eher unterschätzt. Mitunter wird fälschlicherweise behauptet, dass Sonnencremes mit einem Lichtschutzfaktor höher als 30 kaum Verbesserungen im Schutz gegenüber Cremes mit geringerem Lichtschutzfaktor bieten, wie das Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung berichtet.
Selbst Dermatologen haben Schwierigkeiten bei der Einschätzung der Wirksamkeit von Sonnencremes, wenn diese nicht mit dem gängigen Lichtschutzfaktor, sondern als Prozentzahl der durch die Sonnencreme absorbierten hautrötenden Strahlung angegeben wird.
Das haben Forscher des Max-Planck-Instituts unter anderem mit der Abteilung für Dermatologie am Henry Ford Hospital in Detroit und der Abteilung für Dermatologie am Universitätsspital Zürich herausgefunden (JAMA Dermatology 2017; 153, 348-350).
Studie mit 261 Dermatologen
Insgesamt nahmen 261 Hautärzte aus Deutschland, den USA, der Schweiz und Australien an einem webbasierten Experiment teil, bei dem zehn Paare von Sonnencremes mit den fünf Lichtschutzfaktoren 10, 15, 20, 30 und 50 miteinander verglichen werden sollten.
Informationen zu deren Wirksamkeit wurden den Ärzten auf drei unterschiedliche Arten präsentiert: dem Lichtschutzfaktor selbst, dem Anteil der durch die Sonnencreme absorbierten oder dem Anteil der durch die Sonnencreme durchgelassenen hautrötenden Strahlung in Prozent.
Die Hautärzte sollten paarweise beurteilen, um wie viel länger die Schutzdauer der stärkeren im Vergleich zur weniger starken Creme ist.
Hautärzte unterschätzen Wirkung
Das Ergebnis zeige, dass die längere Schutzdauer, die Sonnencremes mit höherem Lichtschutzfaktor haben, von der überwiegenden Mehrheit der Dermatologen systematisch unterschätzt wurde, wenn die Wirksamkeit mit der Prozentzahl der durch die Sonnencreme absorbierten hautrötenden Strahlung angegeben wurde.
Beispielsweise absorbiert eine Sonnencreme mit einem Lichtschutzfaktor von 30 bereits 96,7 Prozent der hautrötenden Sonnenstrahlung, während eine Creme mit einem Lichtschutzfaktor von 60 dann 98,3 Prozent absorbiert. Zunahmen im Lichtschutzfaktor wirken somit klein, der Schutz wird eher unterschätzt, heißt es in der Mitteilung des Instituts.
"Diese Kennzahl ist irreführend. Wenn es zum Sonnenbrand kommt, dann spielt es keine Rolle, wie viel der Strahlen durch die Sonnencreme absorbiert werden, sondern wie viel die Haut davon aufnimmt", wird Erstautor Stefan Herzog zitiert.
Tatsächlich bedeutet eine Erhöhung des Lichtschutzfaktors von 30 auf 60, eine Halbierung der durch die Sonnencreme durchgelassenen Strahlung von 3,3 Prozent auf 1,7 Prozent und somit doppelten Schutz.
Am verständlichsten scheinen Angaben zu sein, die mit dem Lichtschutzfaktor arbeiten. Hier unterschätzten die Hautärzte die Schutzdauer nur ganz leicht.
Auf den LSF konzentrieren
Das Ergebnis der Studie hat auch Implikationen für die Gesundheitskommunikation: "Aus unserer Sicht sollten sich Dermatologen bei der Beurteilung und Kommunikation der Wirksamkeit einer Sonnencreme ausschließlich auf den Lichtschutzfaktor konzentrieren. Andere Kennzahlen, wie durch die Sonnencreme absorbierte oder durchgelassene hautrötenden Strahlung, sind ungeeignet. Vereinzelt findet man solche Angaben beispielsweise in etablierten Medien oder sogar in Fachzeitschriften und in staatlichen Gesundheitsinformationen", sagt Koautor Christian Surber von der Abteilung für Dermatologie am Universitätsspital Zürich.
Als Faustregel für Patienten und Verbraucher könne gelten, Sonnencremes mit mindestens Lichtschutzfaktor 30 und einem "broad spectrum" Schutz zu verwenden. Solche Cremes schützen sowohl gegen UVA- und UVB-Strahlen, die Hautalterung und Sonnenbrand verursachen.
Neben dem Auftragen von Sonnencremes sind auch weitere Maßnahmen, wie beispielsweise ausreichend Schatten zu suchen oder schützende Kleidung zu tragen, ein wichtiger Bestandteil des richtigen Sonnenschutzes. (eb)
Lichtschutzfaktor
» Der LSF ist definiert als das Verhältnis der hautrötenden Sonnenstrahlendosis, welche die erste wahrnehmbare Hautrötung auf geschützter Haut hervorruft, im Vergleich zur hautrötenden Sonnenstrahlendosis, welche die gleiche Hautrötung auf ungeschützter Haut auslöst.
» Die Prozentzahl der durchgelassenen hautrötenden Strahlung hängt direkt mit dem LSF zusammen (% = 1/LSF): Wenn der LSF sich verdoppelt, halbiert sich die Strahlendosis (Anzahl Photonen), welche in die Haut eindringt und schädigt.