Adipositas und Hypertonie: Was bringt das Abnehmen?
Abdominelle Adipositas wird jetzt bei adipösen Hypertonikern als kardiovaskulärer Risikofaktor berücksichtigt. Durch gezieltes Abnehmen können sie den Blutdruck senken. Bei normotensiven Patienten sinkt der Blutdruck beim Abnehmen kaum. Der Erfolg hängt bei Übergewichtigen von den abgebauten Kilos ab. Nimmt man fünf Kilogramm ab, sinkt der Blutdruck so stark wie bei Monotherapie mit einem Diuretikum.
Veröffentlicht:Daß Adipositas schädlich ist, wissen Ärzte schon lange: "Schon im Islam vor 1000 Jahren wurde ihr ein hoher Krankheitswert zugeordnet", hat Professor Gerd Bönner von der Klinik Lazariterhof in Bad Krozingen in Berlin erinnert. Heute ist besonders die abdominelle Adipositas im Blick.
In den neuen Leitlinien der Hochdruckliga wird sie bei der Bestimmung des kardiovaskulären Risikos als Risikofaktor jetzt ausdrücklich aufgeführt: Bauchumfang bei Männern ab 102 Zentimetern und bei Frauen ab 88 Zentimetern. Denn dieser Herzinfarkt-Risikofaktor steht den Risikofaktoren Hypertonie, Diabetes und Rauchen in nichts nach.
Adipositas und Hypertonie bestehen oft gemeinsam
Dies belegen neue Daten, etwa die der Interheart-Studie mit 27 000 Patienten. Dort ergab sich nur eine vage Beziehung zwischen Herzinfarktrate und BMI (Body-Mass Index), jedoch ein linearer Zusammenhang zwischen Taillenumfang und Herzinfarkt-Risiko. Am besten korrelierte das Herzinfarkt-Risiko mit dem Taille-Hüft-Quotienten. Diese Korrelation besteht in allen BMI-Kategorien - auch bei einem BMI unter 20 kg / m2.
Menschen mit Adipositas haben oft Hypertonie. Und Fettleibige haben ein erhöhtes Risiko, eine Hypertonie zu entwickeln. Abnehmen kann vorbeugen - aber nur, wenn es deutlich und von Dauer ist.
Bei Hypertonikern mit Übergewicht kann die Gewichtsreduktion den Blutdruck deutlich senken. Durch eine Gewichtsabnahme um 10 kg wird der systolische Blutdruck um 15 mmHg vermindert, der distolische um 8 bis 10 mmHg. Realistischer für viele Patienten ist wohl erheblich weniger. Nimmt man 5 kg ab, sinkt der Blutdruck so gut wie bei Monotherapie mit einem Diuretikum, so Bönner.
In Studien wurden im Mittel Blutdrucksenkungen bis 6 mmHg systolisch oder 3 mmHg diastolisch erreicht, betont Bönner. Der Blutdruck sinkt bei Gewichtsabnahme nur bei Hypertonikern. "Bei Patienten mit normalem Blutdruck wird kaum ein Effekt erzielt - nur etwa 0,3 mmHg pro Kilo", so Bönner.
Wie schnell man abnimmt, scheint egal zu sein. In einer Studie nahmen die Teilnehmer in drei Gruppen ab: mit Placebo, mit pharmakologischer Unterstützung in normalem Tempo und mit pharmakologischer Unterstützung besonders schnell. Der Blutdruck reagierte im ersten Monat in allen Gruppen gleich. "Die Hauptsenkung tritt in den ersten vier Wochen ein. Dieses Phänomen findet man in Studien immer wieder", so Bönner.
Das liegt möglicherweise allein an der Gewichtsreduktion. Oder die Patienten verzehren automatisch auch weniger Salz, weil sie weniger essen. Oder die Kürzung des Essens und der Gewichtsverlust lösen am Anfang einen starken Effekt aus, der dann wieder abflacht.
Mit der Gewichtsabnahme sinkt die Salzempfindlichkeit
Ein weiterer Effekt kommt bei Adipösen hinzu: Sie sind salzempfindlich, so Bönner. Durch die Aufnahme von Speisesalz steigt bei ihnen der Blutdruck. Wenn die Patienten abnehmen, nimmt die Salzempfindlichkeit wieder ab. Außerdem: Adipöse haben eine erhöhte Konzentration an Noradrenalin, was den Blutdruck steigert. Nehmen die Patienten ab, sinkt der Noradrenalin-Spiegel wieder.
Warum nach kontinuierlicher Gewichtsabnahme der Blutdruck nach einiger Zeit dann wieder steigt, ist nicht bekannt. Ein Beispiel dafür ist die schwedische SOS-Studie (Swedish Obese Subjects) mit 4000 adipösen Patienten (BMI: > 40 kg / m2). Die Patienten erhielten ein Magenband oder einen Magen-Bypass.
Nach zwei Jahren war der Blutdruck systolisch um 6,3 und diastolisch um 4,7 mmHg gesunken. In den nächsten acht Jahren jedoch stieg er wieder um 7 mmHg systolisch und diastolisch um 2,4 mmHg, obwohl die Patienten 19 kg weniger wogen als zu Beginn. Vielleicht ist diese Entwicklung altersbedingt. (hbr)