Infektionen unterwegs
Influenza – Die vergessene Reise-Schutzimpfung
Influenza trifft Reisende weitaus häufiger als Typhus oder Hepatitis A. Doch kaum ein Arzt impft vor Reisen gegen Influenza, mahnen Experten. Warum eigentlich?
Veröffentlicht:BERLIN. „Klassische“ Reiseimpfungen wie die Typhus- und Hepatitis A-Impfung sind in der Reisemedizin unverändert von großer Bedeutung, erinnerte Professor Tomas Jelinek, wissenschaftlicher Leiter des Centrum für Reisemedizin CRM. Die Indikation zur Immunisierung gegen das Hepatitis A-Virus (HAV) beginne unverändert östlich der Oder und südlich der Alpen, wenn auch mit einem klaren Risikoschwerpunkt in den Subtropen und Tropen.
Die Immunisierung könne für HAV noch unmittelbar vor Reiseantritt erfolgen, berichtete der Reisemediziner bei einer vom Unternehmen Sanofi Pasteur unterstützten Veranstaltung. Alle Impfstoffe zeigten dabei äquivalentes Ansprechen und – abgesehen von Lokalreaktionen – nur sehr selten Allgemeinreaktionen als Nebenwirkungen.
Bezüglich der Typhus-Infektionen wies Jelinek darauf hin, dass diese zunehmend mit Resistenzen gegen die eingesetzten Antibiotika einhergingen. Dies belegten auch entsprechende Warnungen der WHO.
Impfung für Reisenden und Einheimische wichtig
Die Impfung stelle hier einen therapeutischen Ausweg sowohl für die Bevölkerung in Endemiegebieten als auch für Reisende dar. Wichtig für einen wirksamen Impfschutz sei bei der Hepatitis A-Impfung die einmalige Auffrischung nach drei Jahren, bei Typhus nach drei Jahren und erneuter Einreise in Endemiegebiete.
Auf die Bedeutung der Influenza als Reiseerkrankung ging Professor Robert Steffen von der Universität Zürich ein. Drei unabhängige Studien seien jeweils zu dem Ergebnis gelangt, dass die Grippe beziehungsweise Erkrankungen mit grippeartigen Symptomen eine Inzidenz von rund einem Prozent pro Monat Reisedauer aufwiesen und damit rund einhundert Mal häufiger vorkämen als etwa die Hepatitis A.
Besonders groß sei die Infektionsgefahr auf Gruppenreisen und in geschlossenen Reisefahrzeugen mit ungenügender Luftfilterung mit so genannten HEPA-Filtern, berichtete Steffen.
Ganzjähriges Infektionsrisiko
Im Gegensatz zur saisonalen Grippe bestehe angesichts weltweiter Reiseziele und Reisender aus allen Teilen der Erde inzwischen ein ganzjähriges Infektionsrisiko. Dieses werde zudem durch den Umstand erhöht, dass in Europa in den Sommermonaten grundsätzlich kein Grippe-Impfstoff zur Verfügung stehe. Die Risiken der Grippe – bis hin zu tödlichen Verläufen – bestehe inzwischen jedoch unverändert rund ums Jahr.
Zur Prophylaxe der Erkrankung empfahl Steffen bereits erkrankten Patienten, die Reise zu verschieben beziehungsweise die empfohlenen Prophylaxe-Maßnahmen bei Husten und Niesen zu befolgen. Sie sollten nach Möglichkeit einen Abstand von mehr als einem Meter zu anderen Menschen einhalten, häufig Hände waschen und zumindest zu Hause einen Mundschutz tragen.
Zusätzlich könnten antivirale Mittel eingenommen werden. Die Einnahme von Neuraminidase-Inhibitoren werde dabei kontrovers beurteilt. Die entscheidende Prophylaxe gegen Influenza sei vor allem die Impfung. Besonders tetravalente Vakzine seien hierfür empfehlenswert, so Steffen. (jgr)