HPV-Impfung
Die oft versäumte Chance gegen Krebs
Seit zehn Jahren empfiehlt die Ständige Impfkommission allen Mädchen die Impfung gegen humane Papillomviren (HPV) zum Schutz vor Gebärmutterhalskrebs. Trotzdem wird die Impfung von den meisten verschmäht, bedauert die Stiftung Kindergesundheit.
Veröffentlicht:Das Infektionsrisiko ist hoch: "Fast jeder sexuell aktive Mensch kommt irgendwann in seinem Leben mit Papillomviren in Kontakt", betont Professor Johannes Liese von der Kinderklinik am Universitätsklinikum Würzburg. Zwar schafft es das Immunsystem in den meisten Fällen, den Erreger wieder loszuwerden. Eine chronische Infektion mit HPV-Hochrisikotypen kann aber gefährlich werden: Als vermutliche Folge erkranken in Deutschland jedes Jahr etwa 4700 Frauen an Gebärmutterhalskrebs, 1500 bis 1600 davon sterben, fasst die Stiftung Kindergesundheit in einer Mitteilung zusammen.
Bei der Impfung gegen humane Papillomviren zum Schutz gegen Gebärmutterhalskrebs, kurz "HPV-Impfung", bleiben Chancen noch ungenutzt. So waren nach einer STIKO-Analyse Ende 2016 nur 31 Prozent der 15-jährigen Mädchen vollständig geimpft, bei den 17-Jährigen waren es 43 Prozent.
Die Impfung ist nur dann wirksam, wenn es noch nicht zur Ansteckung gekommen ist. Es sollte also möglichst vor dem ersten Geschlechtsverkehr geimpft werden. Dabei ist zu beachten: Gut jedes dritte Mädchen und jeder fünfte Junge geben heute an, bereits mit 14 oder 15 Jahren den ersten Geschlechtsverkehr gehabt zu haben (Statista 2016).
Schutz für mindestens zehn Jahre
Die Schutzdauer der HPV-Impfstoffe wird auf mindestens zehn Jahre geschätzt. Empfehlungen für Auffrisch-Impfungen gibt deshalb bisher noch nicht. In Australien wurden bereits 2007 durch ein staatliches Programm an Schulen fast neun von zehn Mädchen geimpft, berichtet die Stiftung. Bereits einige Jahre später wurde eine 60-prozentige Abnahme der auffälligen Gebärmutterhals-Abstriche beim Frauenarzt dokumentiert. Bei Jugendlichen unter 21 Jahren konnte zudem ein Rückgang der Genitalwarzen um 80 Prozent festgestellt werden. Da in Australien sehr viele Mädchen geimpft sind, ist die Infektionsrate auch bei den Jungen zurückgegangen, obwohl nur die Mädchen geimpft wurden (Herdenschutz).
In den USA wurden bisher mehr als 56 Millionen Impfdosen verabreicht. Lebensbedrohliche Nebenwirkungen sind dabei nicht aufgetreten. Als unerwünschte Wirkungen der Impfung wurde häufiger über Fieber, Schmerzen, Rötung und Schwellung an der Injektionsstelle berichtet. Auch Juckreiz und Blutungen an der Injektionsstelle sind möglich. Im Schnitt wurden bei 100.000 Impfungen lediglich 54 Nebenwirkungen gemeldet.
In Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass die HPV-Impfung auch Genitalwarzen und Krebsvorstufen an der Scheide und den Schamlippen vorbeugen kann, die mit HPV in Zusammenhang stehen, so die Stiftung in der Mitteilung. Studien mit über 18.000 jungen Frauen ergaben: Geimpfte Frauen hatten zu 49 Prozent weniger Hautveränderungen an Scham und Scheide als nicht geimpfte Frauen.
In Australien, wo Impfprogramme zu einer Impfquote von 73 Prozent geführt haben, ging die Häufigkeit von Genitalwarzen bei Frauen unter 21 Jahren von 11,5 Prozent im Jahre 2007 auf 0,85 Prozent im Jahre 2011 zurück. Bei Frauen im Alter zwischen 21 und 30 Jahren wurde ein Rückgang von 11,3 auf 3,1 Prozent registriert. Möglicherweise kann die HPV-Impfung auch das Risiko für Krebserkrankungen im Mund-Rachen-Raum, wie von Kehlkopf-Krebs verringern. Offenbar spielen nämlich neben Alkohol und Rauchen auch HPV vom Typ 16 bei der Entstehung derartiger Tumore eine ursächliche Rolle.
Ursprünglich hatte die STIKO die Impfung für Mädchen zwischen 12 und 17 Jahren empfohlen. Vor drei Jahren hat das Gremium das empfohlene Impfalter auf 9 bis 14 Jahre gesenkt. Seither werden auch nur noch zwei anstatt drei Dosen für den vollständigen Schutz empfohlen. Versäumte Impfungen sollten spätestens bis zum 18. Lebensjahr nachgeholt werden. Alle Krankenkassen übernehmen die Kosten der Impfung bis zum 18. Geburtstag.
Impfung bald auch für die Jungen?
Idealerweise kann bei der Vorsorgeuntersuchung U11 im Alter von 9 bis 10 Jahren und bei der Jugendgesundheitsuntersuchung J1 im Alter von 12 bis 14 Jahren geimpft werden. Leider werde die J1 noch zu selten wahrgenommen, bedauert Liese. Die Aufklärung sollte daher auch in den gynäkologischen Praxen intensiviert werden.
Liese spricht sich zudem für die HPV-Impfung von Jungen aus. Damit könne zum Beispiel den schwer zu behandelnden und sehr infektiösen Genitalwarzen bei Männern vorgebeugt werden. Weil Männer zudem auch HPV-Überträger sind, ließe sich dadurch auch die Zahl der HPV-assoziierten Erkrankungen wie Gebärmutterhalskrebs weiter senken. Die sächsische Impfkommission SIKO empfiehlt die HPV-Impfung bereits seit 2013 auch für Jungen und Männer. Seit Anfang 2017 empfiehlt sie die HPV-Impfung für alle Mädchen und Frauen ab 10. bis zum vollendeten 26. Lebensjahr und für alle Jungen und Männer ab 10. bis zum vollendeten 26. Lebensjahr, bevorzugt mit dem 9-valenten Impfstoff.