Deutsche Konferenz für Tabakkontrolle

Werbung verführt Jugendliche zur E-Zigarette

Herkömmliche Zigaretten werden immer unattraktiver für Jugendliche, neue Produkte wie E-Zigaretten laden zum Ausprobieren ein. Das liegt auch an der Werbung, so Meinungen bei der Konferenz für Tabakkontrolle.

Marco MrusekVon Marco Mrusek Veröffentlicht:
E-Zigarette und hipper Lifestyle: Das suggeriert die Werbung jungen Leuten gerne.

E-Zigarette und hipper Lifestyle: Das suggeriert die Werbung jungen Leuten gerne.

© Miriam Dörr / Fotolia

Seit Jahren sinkt erfreulicherweise die Zahl der Jugendlichen, die Zigaretten rauchen. Im Vergleich zum Jahrtausendwechsel ist die Quote bei Jugendlichen im Alter von 12 bis 17 Jahren von 27,5 Prozent im Jahr 2001 auf 7,4 Prozent im Jahr 2016 gesunken. Auch bei den 18- bis 25-Jährigen ist die Zahl der Raucher mit 26,1 Prozent im Jahr 2016 deutlich niedriger als in der Vergangenheit: 2008 rauchten von ihnen noch 43,1 Prozent.

Bei der 16. Deutschen Konferenz für Tabakkontrolle vergangene Woche in Heidelberg wurde auch deutlich: E-Zigaretten sind bei Jugendlichen beliebt – wenn auch deutlich weniger als herkömmliche Tabakzigaretten. Professor Daniel Kotz von der Universität Düsseldorf stellte dazu die aktuellen Zahlen der Deutschen Befragung zum Rauchverhalten (DEBRA) vor.

Immer weniger Jugendliche rauchen

Im Ergebnis haben E-Zigaretten und Tabakerhitzer für Jugendliche eine eher untergeordnete Rolle. Lediglich 0,9 Prozent der 14- bis 17-Jährigen gaben an, aktuell eine E-Zigarette zu benutzen. Bei den Tabakerhitzern antwortete in derselben Altersgruppe nicht ein einziger Teilnehmer, er würde aktuell ein solches Gerät benutzen. Zum Vergleich: Das Statistische Bundesamt gibt die Rate der 15- bis 18-Jährigen, die im Jahr 2017 regelmäßig oder gelegentlich eine herkömmliche Tabakzigarette benutzten, mit 5,6 Prozent an.

Als häufigsten Grund, eine E-Zigarette auszuprobieren, gaben die jugendlichen Teilnehmer der DEBRA-Studie mit 47,7 Prozent an: „weil es Spaß macht“, gefolgt von „weil es verschiedene Aromen gibt“ mit 35,6 Prozent. Die Verlockung, etwas Neues auszuprobieren, ist präsent für die Jugend in Deutschland – zum Beispiel die kurz vor der deutschen Markteinführung stehende Marke Juul®.

Diese neue E-Zigarettenmarke verdampft nikotinhaltiges Salz mit einer sehr hohen Nikotinkonzentration. Einer aktuellen Studie der US-amerikanischen Gesundheitsbehörde zufolge benutzt bereits ein Fünftel der 15- bis 18-jährigen amerikanischen Highschool-Schüler E-Zigaretten. Besonders beliebt sei bei den Jugendlichen dabei die neue Marke – aufgrund des hohen Nikotingehaltes von 59 Milligramm pro Milliliter und der Tatsache, dass man das unauffällige Gerät zum Beispiel in der Schule benutzen könne.

Unterschiedliche Geschmacksrichtungen

Zwar gilt in EU-Mitgliedsstaaten für E-Zigaretten eine Obergrenze von 20 Milligramm Nikotin pro Milliliter, doch damit enthält Juul® noch immer sehr viel Nikotin. Ein weiterer Punkt, der den Jugendlichen gefällt: die Fülle an angebotenen Aromen und Geschmäckern.

Professor Reiner Hanewinkel vom Kieler Institut für Therapie- und Gesundheitsforschung sieht die Verantwortung dafür, dass Jugendliche zur E-Zigarette greifen, hauptsächlich bei der Werbung. In Heidelberg präsentierte er Längsschnittdaten des DAK-Präventionsradars. Hierfür waren 3911 jugendliche Teilnehmer, die zuvor keine Tabakerfahrung hatten, nach einem Jahr zu ihrer Raucherfahrung befragt worden, und zwar in Abhängigkeit davon, wie viel Kontakt sie mit Werbung für E-Zigaretten gemacht hatten.

Im Ergebnis begannen Jugendliche häufiger zu rauchen und zu dampfen, wenn sie mit Werbung für E-Zigaretten konfrontiert worden waren: 17 Prozent der Jugendlichen mit Werbekontakt dampften und 12,7 Prozent rauchten herkömmliche Zigaretten. Dagegen benutzten 9,7 Prozent der Jugendlichen ohne Werbekontakt eine E-Zigarette und 8,3 Prozent rauchten.

Die Tabakwerbung kommt an

Den Einfluss von Tabakaußenwerbung und Zigarettenautomaten auf Jugendliche kritisierten auch Laura Hoffmann und Dr. Martin Mlinaric von der Universität Halle-Wittenberg. In Heidelberg hatten sie Daten der SILNE-R-Studie mit rund 24.000 Probanden vorgestellt und bemängelt, dass der rückläufige Trend an jugendlichen Rauchern vor allem an Gymnasien stattfände.

An Haupt- und Realschulen setze sich dieser Prozess nicht fort, auch deshalb, weil das Lehrpersonal häufig mit anderen Problemen ihrer Schüler beschäftigt sei und deshalb nicht genug auf die Rauchfreiheit ihrer Schüler achten könne.

Hoffmann und Mlinaric forderten bessere Unterstützung für nichtgymnasiale Schulen in Form von Mittel aus dem Präventionsgesetz, um externe Pädagogen für die Rauchprävention abzustellen, aber auch ein ausgeweitetes Werbe- und Automatenverbot um alle Schulen herum. Denn Tabak- und Werbefirmen hielten sich zwar an die Selbstverpflichtung aus dem Jahr 1997, die einen 50-Meter-Kreis um Schulen vorsieht, in denen keine Tabakwerbung und Zigarettenautomaten vorkommen dürften. „Doch häufig steht nach 51 Metern dann die erste Werbetafel“, so Hoffmann im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“.

Eine Ausweitung des Verbotes von Tabakaußenwerbung wurde vergangene Woche auch von der Mehrheit der Experten in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Ernährung und Landwirtschaft im Bundestag befürwortet. Sechs von acht Sachverständigen äußerten sich wohlwollend zu einem entsprechenden Antrag und Gesetzesentwurf der Fraktionen Die Linke sowie Bündnis 90/Die Grünen.

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