Für Senioren geeignet
Gehfußball – Kicken der anderen Art
Deutschland ist raus aus dem WM-Turnier, doch in der Heimat wird munter weitergekickt. Voll im Trend: Walking Football – für ältere Menschen mit Freude an Bewegung.
Veröffentlicht:Gehfußball: das klingt wie Spaß, das ist Spaß — und ist doch ernst gemeint. Wichtigste Regel: Rennen verboten! Mindestens ein Fuß muss immer am Boden sein.
Ansonsten gibt es einen Freistoß für die gegnerische Mannschaft. Reingrätschen, Körperkontakt, den Ball über Hüfthöhe spielen – auch das ist verboten.
Gedacht ist Walking Football in erster Linie für über 50-Jährige. 2011 im englischen Chesterfield erfunden, um ältere Männer aus der sozialen Isolation zu holen und sie für mehr körperliche Bewegung zu motivieren, gibt es im Vereinigten Königreich inzwischen mehr als 1000 Walking-Football-Clubs.
Und die Damen ziehen bereits nach, wie die Plattform Walking Football United berichtet. In Holland ist der Sport ebenfalls bereits verbreitet, in Deutschland dagegen noch weitgehend unbekannt. Vereine wie Werder Bremen, Schalke oder der VfL Wolfsburg haben allerdings schon Walking-Football-Teams.
"Hier kann man auch mit einer kaputten Hüfte oder einem Ersatzknie spielen", sagt etwa Rainer Küpper, Trainer und Vorstandsmitglied beim TuS Holsterhausen in Essen. Im Vordergrund stehe der Spaß, "und man tut was für die Gesundheit", so Küpper.
"Das kommt wirklich gut an"
Walking Football:
die Spielregeln
Rennen auf dem Spielfeld ist verboten
Körperkontakt und Reingrätschen sind nicht erlaubt
Mindestens ein Fuß muss immer auf dem Boden sein
Walking Football Association (WFA): https://thewfa.co.uk
Schaut man sich die rasante Entwicklung in England an, könnte der Sport auch hierzulande beliebt werden, zumal Vereine mit Altherrenmannschaften die Möglichkeit hätten, Mitglieder zu binden.
"Das kommt wirklich gut an", so die Erfahrung von Meike Ebbert vom Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen.
In England jedenfalls berichten Fernsehsender wie BBC oder Sky bereits regelmäßig. Die britische Football Association (FA), mit 155 Jahren der älteste Fußballverband der Welt, hat im Jahre 2016 offizielle Regeln herausgegeben.
Demnach kann ein Match in zwei oder vier Abschnitte á fünf bis 30 Minuten aufgeteilt werden. Pro Mannschaft spielen fünf bis sieben Spieler auf einem Feld beliebiger Größe mit bis zu drei Auswechselspielern, jeder kann während des Spiels mal den Torwart machen. Gespielt wird in der Halle ebenso wie auf Rasen oder Kunstrasen.
Das Schwerste für die meist über 60-jährigen Kicker scheint wirklich zu sein, nicht loszurennen. Laut FA-Regeln würde ein wiederholter Verstoß mit einer blauen Karte geahndet und der Spieler würde zwei Minuten vom Platz gestellt. Das ist hart.
Klar wird damit auch: Dribbel-Soli gibt es nicht. Genaues Passspiel, taktisches Denken und permanente Aufmerksamkeit sind gefragt. Zwar geht es langsamer zu als beim
Spielsportarten haben sozialen Aspekt
"Walking Football spricht potenziell ein großes Klientel an", sagt Professor Bernd Wolfarth, Sportmediziner an der Charité Berlin und Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Sportmedizin und Prävention (DGSP).
"Körperliche Aktivität funktioniert auf Dauer nur, wenn die Bewegung Freude bereitet." Abgesehen von den günstigen Effekten auf Ausdauer, Kraft und Koordination der Senioren-Sportler haben gerade Spielsportarten einen nicht zu unterschätzenden sozialen Aspekt.
"Man trifft sich zwei Mal pro Woche, organisiert auch mal eine Weihnachtsfeier", so Wolfarths Erfahrung mit Koronarsportgruppen. Im Unterschied zum "echten" Fußball sei die Belastung bei Walking Football gut steuerbar.
Grundsätzlich empfiehlt der Leiter der Abteilung für Sportmedizin am Centrum für Muskuloskelettale Chirurgie (CMSC) Interessenten vor dem Einstieg in den Sport eine sportmedizinische Untersuchung.
Wie diese individuell auszusehen hat, dazu gibt es Empfehlungen in der S1-Leitlinie "Vorsorgeuntersuchung im Sport" der DGSP. Ein Belastungs-EKG mit Blutdruckmessung ist in dieser Altersgruppe auf jeden Fall angezeigt.
Bei vorbestehenden Gelenkproblemen sollte ein Orthopäde konsultiert werden. Dieser kann auch Empfehlungen geben, ob etwa eine Einlagen- oder Bandagenversorgung notwendig ist.
Und: Ein altersgerechtes Ausdauer-, Kraft- und Koordinationstraining bereite nicht nur auf die körperliche Belastung vor, sondern wirke vor allem verletzungspräventiv, erklärt Wolfarth.
Inzwischen wird Walking Football bereits international: Anfang Mai haben im südenglischen Brighton die weltweit ersten Walking-Football-Länderspiele stattgefunden: England gewann gegen Italien mit 2:0 in der Altersklasse über 50 Jahre und 3:0 in der Altersklasse über 60. (mit dpa)