Spahn plant neue Gesetze
Milliarden für die Versicherten – Kassen bleiben skeptisch
Erster Aufschlag des neuen Gesundheitsministers: Jens Spahn will gesetzlich Versicherte per Gesetz entlasten. Aus Richtung Kassen weht scharfer Gegenwind.
Veröffentlicht:BERLIN. Erst kommt das "Versichertenentlastungsgesetz", dann sollen die teureren Versorgungs- und Pflegegesetze folgen. Schon in acht Monaten soll zum Beispiel ein "Ärztegesetz" in Kraft treten. Das hat die Regierung am Freitag in Berlin angekündigt.
Auch ein ebenfalls noch für vor der Sommerpause angekündigtes "Pflegegesetz" dürfte zusätzliches Geld kosten. Die Kassen haben prompt reagiert: Bevor die Koalition in die Beitragsautonomie eingreife, müssten seriöse Schätzungen zu den Kosten der Gesetze her.
Ziel des angekündigten "Ärztegesetzes" ist die Unterstützung von niedergelassenen Ärzten auf dem Land und in sozialen Brennpunkten der Ballungsräume durch regionale Zuschläge. Die hausärztliche Versorgung und die "sprechende Medizin" will man sich dafür mehr kosten lassen.
Auch in der Pflege werden per Gesetz teure Programme aufgesetzt, die bereits ab Januar 2019 greifen sollen. Zum Beispiel will die Regierung für 400 Millionen Euro im Jahr zu Lasten der Krankenversicherung 8000 zusätzliche Fachkräfte für die medizinische Behandlungspflege in Altenheimen gewinnen.
Geld an Versicherte zurück
Zunächst will die Regierung jedoch den Versicherten Geld zurückgeben. Als erstes Gesetzespaket in der Gesundheitspolitik hat die Koalition ein "Versichertenentlastungsgesetz" (GKV-VEG) in Bewegung gesetzt. Der Entwurf liegt de "Ärzte Zeitung" vor.
- Parität der Zusatzbeiträge: Ab 2019 soll der Zusatzbeitrag zu gleichen Teilen von Arbeitgebern, also auch niedergelassenen Ärzten, und Arbeitnehmern getragen werden. Das kostet die Wirtschaft 4,5 Milliarden Euro im Jahr. Bund, Länder, Kommunen und Rentenversicherung werden mit rund 2,4 Milliarden Euro belastet.
- Selbstständige: Rund 600.000 Kleinselbstständige sollen von der Halbierung des Mindestbeitrags zur Krankenversicherung auf 171 Euro im Monat profitieren. Den Kassen entgehen dadurch voraussichtlich 800 Millionen Euro im Jahr.
- Beitragsschulden: Auf 6,3 Milliarden Euro belaufen sich die Außenstände der Krankenkassen aufgrund von Mitgliedern, die sich nicht abgemeldet haben. Die Kassen sollen verpflichtet werden, die Vertragsverhältnisse mit nichtzahlenden Mitgliedern zu beenden, deren Aufentshaltsorte sie nicht kennen.
- Finanzreserven. Die Kassen sollen verpflichtet werden, Finanzreserven auf eine Monatsausgabe zu begrenzen. Derzeit vorgeschrieben ist ein Viertel der monatlichen Ausgaben. Was darüber hinaus geht, soll künftig über Beitragssenkungen den Versicherten zugute kommen. Dieser Betrag liegt über die gesamte GKV derzeit bei knapp 4,4 Milliarden Euro. Von den 112 Kassen haben 68 mehr Geld als eine Monatsausgabe auf der hohen Kante.
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