Gassen warnt

Hausbesuche stehen auf der Kippe

Eine bessere Vergütung von Hausbesuchen hat KBV-Chef Gassen erneut angemahnt. Sonst könnte in Zukunft damit Schluss sein.

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Wenn sich Ärzte mit ihrem Arztkoffer auf den Weg zu Patienten machen, bleibt bei vielen die Praxis zu. Doch die Kosten laufen weiter.

Wenn sich Ärzte mit ihrem Arztkoffer auf den Weg zu Patienten machen, bleibt bei vielen die Praxis zu. Doch die Kosten laufen weiter.

© Elnur / stock.adobe.com

BERLIN. Die Vertragsärzte dringen auf spürbar mehr Geld für Hausbesuche, um das Angebot wirtschaftlich aufrechterhalten zu können.

„Wenn wir die Vergütung für Hausbesuche nicht deutlich anheben, werden sie perspektivisch nicht mehr stattfinden können“, sagte Dr. Andreas Gassen, Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), der dpa. „Das Versorgungsproblem zeichnet sich schon am Horizont ab.“

Bisher habe in Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband keine Verbesserung erreicht werden können. „Da bleiben wir dran“, kündigte Gassen an.

Hausbesuche würden derzeit mit etwa 23 Euro vergütet, erläuterte der KBV-Chef. „Plus Fahrpauschale reden wir von einer Größenordnung von 25 Euro.“

Mit An- und Abfahrt und Parkplatzsuche sei dafür in einer Stadt wie Berlin schnell eine Stunde vorbei. „Wenn der Klempner kommt, nimmt er schon teilweise 45 Euro für die Anfahrt. Da hat er die Tasche noch nicht mal ausgepackt.“

Anhebung auf 30 Euro pro Hausbesuch vorgeschlagen

Problematisch sei, dass ein Arzt in der Zeit seine Praxis zumachen müsse. „Er ist ja unterwegs. Aber die Kosten laufen weiter.“ Viele machten Hausbesuche deswegen am Mittwochnachmittag oder abends.

Leidtragende der Situation seien „die Kollegen, die ihre Patienten nicht im Stich lassen wollen – und die Patienten, die keine Ärzte mehr finden, die wirtschaftlich darstellbar Hausbesuche machen“.

Um eine „unsanfte Landung“ zu vermeiden, gelte es zügig etwas zu tun. Für Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband hatte die KBV bereits eine Anhebung auf 30 Euro pro Hausbesuch ins Spiel gebracht.

In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Hausbesuche deutlich gesunken (siehe nachfolgende Grafik).

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Hatte es 2009 noch 30,3 Millionen Hausarzt-Visiten bei Patienten und 2010 rund 27 Millionen gegeben, waren es 2016 nur 25,2 Millionen. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Linken-Anfrage von Juni 2018 hervor.

In der Antwort der Regierung zeigten sich starke Unterschiede bei der Zahl der Hausbesuche je Arzt und Jahr (siehe nachfolgende Karte). (dpa/ths)

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Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Kaum Anreiz für Hausbesuche

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Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 07.01.201918:02 Uhr

Verstehe ich nicht, Frau Kollegin Angelika Donath?

Vergütungsliste Physikalische Therapie (Stand Juni 2018)

Pos. 20501 KG Einzelbehandlung 18,59€/19,58€/19,58€ Primärkassen/vdek/LKK
Pos. X9933 Hausbesuch inkl. Wegegeld 10,95€/13,92€/13,92€
Pos. X9934 Besuch eines weiteren Patienten im gleichen Heim 6,15€/7,40€/7,40€

Quelle:
Vergütungsvereinbarungen zwischen den jeweiligen Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Leistungserbringer

Mf + kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Vergütungsliste Physikalische Therapie; Stand: Juni 2018 - KV Berlin
PDFhttps://www.kvberlin.de › hm_verguetung

Dr.med. Henning Fischer 07.01.201917:48 Uhr

noch viel schlimmer: über Budget gibt es in der KVWL noch etwas über 5 Euro für einen Hausbesuch !!!!


auf meinen Hinweis an das Gesundheitsministerium NRW teilte die KVWL mit, das habe die Vertreterversammlung so beschlossen, um eine übermäßige Ausdehnung der Hausbesuchstätigkeit zu verhindern !?!?!?! (wer macht denn sowas bei der miserablen Vergütung)

Und abschaffen will man das wohl auch nicht wieder. Krokodilstränen!

Kein Wunder, daß sich der Nachwuchs verarscht fühlt.

Dr. Thomas Georg Schätzler 07.01.201912:49 Uhr

Kollege Gassen übersieht: Hausbesuche sind Hausarzt-"lastig" und entlasten Fachärzte!

Vertragsärztliche Hausbesuche in Deutschland: 1/3 aktiv - 2/3 passiv!
Immer weniger der insgesamt in der Akut- und Notfallmedizin viel stärker als Fachärzte belasteten Haus- und Familienärzte machen immer häufiger die dringend notwendigen Hausbesuche, um die ambulante Versorgung in Praxis und zentralem vertragsärztlichen Notdienst (ZND) überhaupt sicherstellen zu können. Immer weniger in Praxis und MVZ angestellte Kolleginnen und Kollegen, egal ob Haus- oder Fachärzte, wollen überhaupt noch Hausbesuche machen.

Damit wollen die fach- und spezialärztlichen Kolleginnen und Kollegen am liebsten ohne jegliche Hausbesuchs-Verpflichtungen in den Feierabend gehen: Und delegieren die ungeliebte Hausbesuchs-Tätigkeit an die eh'' schon stärker belasteten Haus- und Familienärzte.

Bei unseren zahnärztlichen Kolleginnen und Kollegen gibt es bis heute übrigens gar keine geregelte Versorgung durch Hausbesuche für bettlägerige und immobile Patienten, wenn man von wenigen Privatinitiativen absieht (einen dieser Zahnärzte kenne ich übrigens persönlich).

Die in der Ärzte Zeitung dargelegten Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: 24,6 Millionen Hausbesuche im Jahr 2017 entsprachen im Schnitt 484 Besuchen pro Arzt. Das ging aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken zu Regressforderungen der KVen anlässlich von Hausbesuchen hervor. Nach Angaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) wurden im Jahr 2009 noch 30,3 Millionen Hausarztbesuche bundesweit durchgeführt.

Ein schlichter Dreisatz bringt es an den Tag: Wenn bei 24,6 Millionen Hausbesuchen im Jahr 2017 im Schnitt pro Arzt 484 Besuche absolviert wurden, ruhte diese Hausbesuchs-Last auf den Schultern von nur 50.826 Vertragsärzten!
Laut KBV und Bundesarzt-Register lag die Zahl der ambulant tätigen Vertrags-Ärztinnen und -Ärzte im Jahre 2017 zum Stichtag jedoch bei 154.369 Ärztinnen und Ärzten.
http://www.bundesaerztekammer.de/ueber-uns/aerztestatistik/aerztestatistik-2017/ambulant-taetige-aerzte/
Die Zahl der selbstständig freiberuflich Niedergelassenen, also ohne angestellte Kollegen/-innen, lag zum 31.12.2017 bei 118.356.
http://www.bundesaerztekammer.de/fileadmin/user_upload/downloads/pdf-Ordner/Statistik2017/Stat17Tab08.pdf

Nur zum Vergleich: Ohne die 120.865 nicht ärztlich Tätigen waren im Jahre 2017 im Bundesgebiet 385.149 Ärztinnen und Ärzte ärztlich tätig.

Im Klartext: Weniger als ein Drittel (50.826) aller ambulant tätigen Vertrags-Ärztinnen und -Ärzte (154.369) machten im Jahre 2017 noch die zur Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung notwendigen Hausbesuche.

Mf+kG, Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Angelika Donath 07.01.201912:40 Uhr

Wirtschaftlichkeit ( ?? ) Hausbesuche...

Die Vergütung der Ärzte ist trotz allem immer noch eine bessere als die der Physiotherapeuten.Auch für uns rechnet sich das rein wirtschaftlich überhaupt nicht!
7,40 Euro in sozialen Heimen ( incl. Wegegeld )
13,- Euro Gesetzliche Patienten (incl. Wegegeld )

Auch wir müssen u. U. die Praxis in dieser Zeit schließen, Parkplatz suchen etc., etc.

Garnicht nett, auch für uns Heilmittelerbringer...., leider.
So viel zu Thema HAUSBESUCHE.

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