Hämotherapie-Richtlinie
BÄK lockert Auswahl der Blutspender
Die BÄK geht mit der Zeit: Schwule Männer sind nicht mehr pauschal von der Blutspende ausgeschlossen.
Veröffentlicht:BERLIN. Was die Deutsche AIDS-Hilfe als "Kosmetik" und "Unverschämtheit" bezeichnet, ist für die Bundesärztekammer (BÄK) nach Jahren der kontroversen Diskussionen um genau diesen Punkt ein großer Schritt: Zwölf Monate nach "Beendigung des sexuellen Risikoverhaltens" sind Personen mit hohem Infektionsrisiko – dazu zählen homosexuelle Männer – wieder zur Blutspende zugelassen.
Diese Regelung zählt zu einer der wesentlichen Novellierungen an der Hämotherapie-Richtlinie, die die BÄK am Montag veröffentlicht hat. Die Ursprungsrichtlinie hatte die Kammer im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut im Jahr 2005 erstellt. Die letzte Novellierung war 2010 erfolgt.
Die Änderung der Ausschlusskriterien geht auf eine Auswertung aktueller medizinisch-wissenschaftlicher und epidemiologischer Daten zurück, welche die Bundesärztekammer gemeinsam mit dem Bundesgesundheitsministerium und den zuständigen Bundesoberbehörden vorgenommen hat. Eine Zulassung zur Blutspende nach Beendigung des Risikoverhaltens führe "nicht zu einer Erhöhung des Risikos für die Empfänger von Blut und Blutprodukten", heißt es in einem Hintergrundpapier aus dem Jahr 2016. Neben Männern, die Sexualverkehr mit Männern haben (MSM) zählen der Richtlinie zufolge unter anderem transsexuelle Personen mit sexuellem Risikoverhalten, Sexarbeiter und heterosexuelle Personen mit sexuellem Risikoverhalten zu dem Personenkreis, der durch sein Risikoverhalten zwölf Monate von einer Spende zurückzustellen ist. Auch andere Personen dürfen zeitlich begrenzt nicht spenden, so Häftlinge während der Haft und danach (vier Monate), Personen, die Sex mit einer Person mit erhöhtem Infektionsrisiko für HBV oder HIV haben (vier Monate) oder nach Sexualverkehr mit einer Person, die in einem Endemiegebiet für HBV, HCV oder HIV lebt oder von dort eingereist ist. Nach Ansicht der Deutschen AIDS-Hilfe ist die Zwölf-Monats- Frist nicht nachvollziehbar. Eine HIV-Infektion lasse sich bereits sechs Wochen nach Risiko ausschließen. Die neue Frist schließe die meisten homo- und bisexuellen Männer weiterhin unnötig von der Blutspende aus, kritisierte Björn Beck vom Vorstand der Deutschen AIDS-Hilfe. Er verwies auf die Entscheidungen anderer Länder wie Schottland oder England, in denen ab 2018 eine Frist von nur drei Monaten gelte.
Der Lesben- und Schwulenverband gibt zu bedenken, dass sich ein Risiko an der Sicherheit der Sexualpraktiken, nicht aber an der Frage nach Hetero- oder Homosexualität bemessen lasse. (mam)