Palliativmedizin
Kassen und Verbände warnen vor zu vielen Hospizen
Kassen und Palliativverbände halten die Versorgung in Niedersachsen bereits für gut. Sie warnen vor zu vielen zusätzlichen Hospizen. Auch die Forderung nach einer Bedarfsplanung in der Palliativmedizin wird erhoben.
Veröffentlicht:HANNOVER. Kassen und Palliativverbände in Niedersachsen fürchten, dass im Land zu viele Hospize gebaut werden. Zusätzliche stationäre Hospize seien nur an wenigen Standorten nötig, schreiben unter anderem die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP), Krankenkassen und der Landesstützpunkt Hospizarbeit und Palliativversorgung Niedersachsen in einer gemeinsamen Erklärung.
Derzeit sind nach Angaben des Landesstützpunktes sieben Initiativen dabei, in Niedersachsen neue Hospize einzurichten. Weitere zehn bis 15 spielen offenbar mit dem Gedanken, Hospize zu planen. Dabei sei die Versorgung in Niedersachsen schon aktuell recht gut. Tatsächlich stehen den Sterbenden und ihren Angehörigen im Nordwesten 28 Hospize mit zusammen 227 Plätzen zur Verfügung, dazu 130 ambulante Hospizdienste und 4000 Ehrenamtliche.
Hinzu kommen 50 Anbieter der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) und 320 Palliativbetten in niedersächsischen Kliniken. Die Unterzeichner der Erklärung betonen, dass Hospize nur für Patienten "mit sehr aufwändigem Versorgungsbedarf" gedacht sind, bei denen die Versorgung etwa durch die SAPV nicht mehr ausreicht. Bei neuen Hospizen gelte es deshalb, mit Augenmaß zu agieren.
Sie gehen davon aus, dass ein Hospiz Patienten aus einem Radius von durchschnittlich 50 Kilometern versorgen kann. "Das sind Erfahrungswerte", sagt der Geschäftsführer des Deutschen Hospiz- und Palliativverbandes Benno Bolze der "Ärzte Zeitung". Kämen alle die geplanten Hospize dazu, wäre die Versorgung in Niedersachsen mehr als üppig. Auch der Landesstützpunkt Hospizarbeit geht davon aus, "dass Niedersachsen eigentlich flächendeckend mit stationären Hospizplätzen versorgt ist", wie er der "Ärzte Zeitung" schreibt.
Aber es geht auch um Geld. Da das Hospiz- und Palliativgesetz (HPG) die Kassen verpflichtet, 95 Prozent der Kosten eines Hospizes zu tragen, statt wie früher 90 Prozent, sinkt das finanzielle Risiko, ein Hospiz einzurichten, was die vielen Initiativen mit erklären könnte. Dazu müssen aber die Kranken- und Pflegekassen tiefer in die Tasche greifen: Die Mindestzuschüsse liegen für einen Patienten in einem stationären Hospiz pro Tag bei 320 Euro. "Diese Summe darf nicht unterschritten werden", sagt Heiner Melching. Geschäftsführer der DGP. Allerdings könne sie nach oben verhandelt werden.
So wäre es möglich, dass sich auch kommerzielle Anbieter für die Hospizversorgung interessieren könnten, meint Melching. "Das widerspräche aber dem Hospizgedanken, der ja aus der Ehrenamtlichkeit kommt." Grund genug also für Kassen und Verbände, auf die Grenzen der Versorgung hinzuweisen. Auch Melching meint, dass neue Hospize nicht immer die beste Lösung sind.
"Es geht vor allem darum, die Hospizleistungen in die Pflege zu bekommen", sagt der DGP-Geschäftsführer. Benno Bolze unterdessen fordert ein Gesetz zur Bedarfsplanung in der Palliativmedizin. Allerdings sei eine Gesetzesinitiative nicht in Sicht. Die Unterzeichner der Erklärung bieten den Planern neuer Hospize eine "gemeinsame Empfehlung zur bedarfsgerechten Gestaltung der Versorgungsstruktur" an.
"Da es für Niedersachsen keine Bettenbedarfsplanung für Hospizbetten gibt", so der niedersächsische Hospiz- und Palliativverband, "ist es unser Bestreben, die Initiatoren über die Empfehlung und den Fragebogen dafür zu sensibilisieren, in Ihren Regionen konkret den Bedarf zu ermitteln."