Entbudetierung statt Kompetenzgesetz

Legislatur endet für Pflege mit Riesen-Enttäuschung

Auf die Bundestagsparteien ist die Pflege momentan nicht gut zu sprechen. Dass nicht das Pflegekompetenzgesetz, aber die Entbudgetierung noch schnell beschlossen wird, sage viel über den Stellenwert, den der Berufsstand in Berlin habe, heißt es beim Kongress von Springer Nature.

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Die Pflege wird mit der Alterung der Gesellschaft immer relevanter. Auf dem Kongress Pflege wird gefordert, dass sich der Berufsstand lauter in die Politik einbringt.

Die Pflege wird mit der Alterung der Gesellschaft immer relevanter. Auf dem Kongress Pflege wird gefordert, dass sich der Berufsstand lauter in die Politik einbringt.

© Robert Kneschke

Berlin. Lauter werden, sich noch mehr organisieren: Auf dem Kongress Pflege von Springer Nature in Berlin beschwor Christine Vogler, Präsidentin des Deutschen Pflegerats, ihre Kolleginnen und Kollegen, sich für den eigenen Berufsstand einzusetzen. Sie wiederholte ihre Forderung, ein Grundrecht auf gute Pflege in das Grundgesetz aufzunehmen. Von den Bundestagsparteien zeigte nicht nur sie sich enttäuscht.

Zu dem Kongress hatte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sein Erscheinen zugesagt. Aus Termingründen sprang am Freitag allerdings seine Parlamentarische Staatssekretärin Sabine Dittmar (SPD) für ihn ein und übermittelte das Grußwort. Im Plenum wurde es da zum ersten Mal ein wenig laut. Die Zuhörer hätten den Minister gern persönlich im Saal gehabt.

Ohne Schulabschluss in die Pflege?

Noch lauter wurde es, als Sabine Dittmar nach vielen Sympathiebekundungen für den Pflegeberuf und die Pflegenden auf das Pflegefachassistenzgesetz zu sprechen kam, mit dem die Ampel den Einstieg in die Ausbildung auch ohne Schulabschluss ermöglich wollte. Die Unzufriedenheit des Publikums entging Dittmar nicht. Man müsse doch jungen Menschen eine Chance geben, verteidigte sie den Ampelvorstoß.

Heftigen Applaus erntete dagegen Christine Vogler, als sie bekräftigte: „Es darf niemals passieren, dass man ohne Schulabschluss in den Pflegeberuf hineinkommt.“ Das transportiere nach außen das falsche Bild, dass für Pflege keine Qualifikationen nötig seien. „Kein anderer Beruf käme auf die Idee, das zu ermöglichen“, sagte Vogler.

Gesetzes-Aus sorgt für Unverständnis

Man merkte: So richtig ernst genommen fühlt sich die Pflege von der Politik immer noch nicht. Thomas Meißner, Pflegeunternehmer und Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Ambulante Pflege, ärgerte sich darüber, dass die Pflege vor allem in Gesetzesvorhaben immer noch als nichtärztlicher Beruf bezeichnet wird. „Ich empfinde das als Degradierung“, sagte Meißner. Und es sage viel über die Anerkennung des Berufsstandes aus, wandte sich der Pflegeexperte an Staatssekretärin Dittmar.

Dass die Gesetzentwürfe für das Pflegefachassistenzgesetz und das -Kompetenzgesetz dem Koalitionsaus zum Opfer fielen, bezeichnete die Pflegerats-Präsidentin als Riesen-Enttäuschung. „Wenn ich dann erlebe, dass die Parteien die Hausärztebudgetierung durchkriegen, die Pflegegesetze aber nicht, dann stelle ich Fragen“, sagte Vogler. Dazu komme, dass die finanzielle Förderung des Deutschen Pflegerats aufgrund der Haushaltslage wieder unsicher sei.

Pflege muss sich auch Pflichten auferlegen

Die Pflegeberufe müssten die Prioritäten in der Politik verändern und die Relevanz für die Gesellschaft selbst deutlicher zur Sprache bringen. Dazu gehöre auch, etwa Pflichten zur Fort- und Weiterbildung zu installieren. Der Pflege werde vieles vorenthalten, sagte Vogler mit Blick auf das Kompetenzgesetz, es werde von ihr aber auch vieles nicht eingefordert. Dabei müsse Pflege Qualität abliefern.

Ab Juli soll die Pflege mit der Telematikinfrastruktur arbeiten. Aus diesem Anlass haben Springer Nature und die Berliner Akkon Hochschule für Humanwissenschaften im Herbst eine Online-Umfrage unter Pflegenden durchgeführt, wie sie ihre Kompetenz und die Nutzung digitaler Technologien in der Pflege einschätzen, auch mit Blick auf die Gesundheit der Patienten.

Das Ergebnis, das im Rahmen des Kongresses vorgestellt wurde: Es bestehe deutlicher Bedarf an individuellerer Fortbildung, angepasst an die eigene Tätigkeit, sagte Professor Denny Paulicke von der Hochschule. Wichtig seien aber auch Schulungen für Patienten, damit sie die eigenen Gesundheitsdaten besser managen können. (juk)

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