GOÄ-Reform
Es geht voran, aber nur sehr langsam
Dr. Klaus Reinhardt muss die Kraft der zwei Herzen haben – er ist bei der Bundesärztekammer der Mann für die GOÄ-Reform. Beim Ärztetag zog er Bilanz: Viel Geduld ist weiter nötig.
Veröffentlicht:ERFURT. Der Deutsche Ärztetag wehrt sich gegen eine einheitliche Gebührenordnung für Ärzte, bei der GOÄ und EBM zusammengeführt werden. Blaupause für ein solches Vorhaben könne allein die GOÄ sein, "keinesfalls jedoch der EBM", heißt es in einem Antrag, den der Ärztetag am Mittwochnachmittag verabschiedet hat.
In jedem Fall müsse verhindert werden, dass die GOÄ an den EBM angeglichen wird.
Abschluss nicht in Sicht
Unterdessen kommt die Reform der GOÄ zwar stetig voran, ein Abschluss im Sinne der politischen Umsetzung durch den Gesetzgeber ist indes gegenwärtig nicht in Sicht.
Aktuell wird der mit den Landesärztekammern und über 130 Verbänden und Fachgesellschaften erarbeitete Entwurf nun einer betriebswirtschaftlich nachvollziehbaren Kalkulation unterzogen, berichtete Dr. Klaus Reinhardt, Vorsitzender des Ausschusses Gebührenordnung bei der BÄK.
Das novellierte Leistungsverzeichnis besteht nun aus 5589 Leistungslegenden, davon 4196 Hauptleistungen und 1393 Zuschlägen. Angesichts oft geäußerter Zweifel betonte Reinhardt ausdrücklich, die Bildung von Analogziffern bei innovativen Leistungen werde auch künftig möglich sein.
In den vergangenen Monaten sind Verbände und Fachgesellschaften fortlaufend in den Prozess einer betriebswirtschaftlichen Grundkalkulation einbezogen worden. Ziel ist es, den Zeit- und Personalaufwand zu einzelnen Leistungslegenden abzustimmen.
Hier habe es in vielen Fällen Missverständnisse bei der Bestimmung der Arztzeit für bestimmte Leistungen gegeben, die nun bereinigt werden müssten, berichtete Reinhardt. Den Status der aktuellen GOÄ-Version bezeichnete er als "Version 2.0 plus".
Eine sauber kalkulierte und bewertete GOÄ sei von zentraler Bedeutung. Denn dieses Konvolut könne dann, wenn es so weit ist, "von der Politik nicht einfach vom Tisch gewischt werden", so Reinhardt.
Die Delegierten wollten insbesondere wissen, welche finanziellen Folgewirkungen eine so komplett neu kalkulierte GOÄ auslösen würde.
Wörtlich heißt es daher im Antrag: "In nachvollziehbaren Hochrechnungen und unter Hinzuziehung der verfügbaren Datengrundlagen soll eine möglichst detaillierte Folgenabschätzung sichergestellt werden."
Rudolf Henke, Kammerchef in Nordrhein und neuerdings in den Vorstand der Unionsfraktion im Bundestag aufgerückt, machte klar, wie anspruchsvoll eine politische Umsetzung der GOÄ sein würde. Wenn die Bundesärztekammer eines Tages dem Bundesgesundheitsministerium den Entwurf für eine GOÄ übergibt, beginnt der Prozess erst.
"Wir müssen am Ende die überzeugen, die die Kostenfolgen zu tragen haben", sagte Henke – und das seien die Finanzminister der Länder.
"Politischer Realitässinn" gefragt
In vielen Reden von Delegierten machte sich angesichts der nicht enden wollenden Reform Unmut breit. Doch Reinhardt mahnte "politischen Realitätssinn" der Vorschläge des Ärztetags an.
So wurde ein Antrag, in dem eine zeitnahe und deutliche Erhöhung der geltenden GOÄ gefordert wurde, lieber an den Vorstand überwiesen.
Der Delegierte Dr. Ellis Huber warnte seine Kollegen vor "Zwergenaufständen" bei der GOÄ. Die Politik orientiere sich an den Meinungen der Bevölkerung – und die verstehe ohnehin keine GOÄ mit 5000 Leistungslegenden, so Huber.
Vor dem Hintergrund der sich abzeichnenden Kompromisse hat sich der Ärztetag ausbedungen, das Endergebnis einer neuen GOÄ nochmals gesondert zu bewerten, bevor es dem BMG übergeben wird. Eine Ausnahme machte der Ärztetag dann aber doch: Eine qualifizierte Leichenschau und Todesfeststellung sei unter den gegenwärtigen Honorarbedingungen nicht möglich.
Daher wurden Bundesregierung und Bundesrat in einem Antrag aufgefordert, die Vergütung für diese Leistungen entsprechend dem Vorschlag in der neuen GOÄ "vorzeitig umzusetzen".
Wie schätzt Reinhardt die Chance der neuen Gebührenordnung insgesamt ein? "Ich bin noch nicht völlig desillusioniert", gab er sich vorsichtig optimistisch.