Pulmonale Hypertonie

Riociguat: seit fünf Jahren zugelassen bei CTEPH und PAH

Der Wirkstoff Riociguat kommt seit fünf Jahren bei der Behandlung von Patienten mit pulmonal arterieller Hypertonie (PAH) und ebenso bei Patienten mit chronisch thromboembolischer pulmonaler Hypertonie (CTEPH) zum Einsatz. Dabei ist Riociguat derzeit das einzige Medikament, das für beide Indikationen zugelassen ist [1]. Aufgrund des einzigartigen Wirkmechanismus wurde die Substanz bereits 2015 mit dem Deutschen Zukunftspreis für Technik und Innovation ausgezeichnet [2].

Veröffentlicht:

Bei Riociguat (Adempas®) handelt es sich um einen Stimulator der löslichen Guanylatcyclase (sGC), einem Enzym des kardiopulmonalen Systems, das als Rezeptor für Stickstoffmonoxid (NO) fungiert. Durch die Bindung von NO katalysiert das Enzym sGC die Synthese von zyklischem Guanosinmonophosphat (cGMP). Intrazelluläres cGMP ist ein wichtiges Signalmolekül bei der Regulierung des Gefäßtonus, der Zellproliferation, der Fibrose sowie bei Entzündungsprozessen [1].

Duale Stimulations-Wirkung auf sGC

Eine pulmonale Hypertonie (PH) ist mit einer endothelialen Dysfunktion, einer eingeschränkten Synthese von NO und einer unzureichenden Stimulation der NO-sGC-cGMP-Signalgebung assoziiert. Riociguat greift über einen dualen Wirkmechanismus in die gestörte Regulation ein: Der sGC-Stimulator stabilisiert die NO-sGC-Bindung und steigert so die Empfindlichkeit von sGC gegenüber endogenem NO. Außerdem stimuliert Riociguat sGC direkt und unabhängig von NO (Abb. 1) [3]. Damit stellt der Wirkstoff den NO-sGC-cGMP-Weg wieder her und bewirkt eine erhöhte cGMP-Produktion [1].

(hier Abbildung 1 platzieren)

Die Wiederherstellung der NO-sGC-cGMP-Signalgebung durch Riociguat führt zu einer deutlichen Verbesserung der pulmonalvaskulären Hämodynamik und zu einer Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit. Es besteht ein direkter Zusammenhang zwischen der Plasmakonzentration von Riociguat und hämodynamischen Parametern wie dem systemischen und pulmonalen Gefäßwiderstand, dem systolischen Blutdruck und dem Herzminutenvolumen [1].

CHEST-1 und CHEST-2: effektive Option bei CTEPH

Aufgrund der günstigen Studiendaten ist Riociguat bislang das einzige zugelassene Medikament zur Behandlung von Patienten mit inoperabler oder persistierender/rezidivierender CTEPH [4]. Im Rahmen der Studie CHEST-1 stellte Riociguat bei CTEPH-Patienten eine effektive Therapieoption dar [5]. In die randomisierte, doppelblinde, multinationale, placebokontrollierte Phase-III-Studie wurden 261 erwachsene Patienten mit inoperabler CTEPH (72%) oder persistierender bzw. rezidivierender CTEPH nach pulmonaler Endarteriektomie (PEA, 28%) eingeschlossen. Primärer Endpunkt war die placebokorrigierte Veränderung der 6-Minuten-Gehstrecke (6MWD) gegenüber dem Ausgangswert nach 16 Wochen [5].

In der Studie konnte ein Anstieg der 6MWD unter Riociguat von 46m im Vergleich zu Placebo gezeigt werden. Dabei waren die Ergebnisse innerhalb der wichtigsten ausgewerteten Subgruppen konsistent. Unerwünschte Ereignisse, die zum Absetzen der Medikation führten, traten in beiden Behandlungsgruppen mit ähnlicher Häufigkeit auf [5].

Es schloss sich die offene Folgestudie CHEST-2 mit 237 Patienten an, die bereits die CHEST-1-Studie durchlaufen hatten [6]. In der Folgestudie wurde die Riociguat-Dosis für alle Patienten individuell eingestellt – bis zu 2,5mg dreimal täglich. Dabei blieb die in CHEST-1 erzielte Änderung der 6MWD in CHEST-2 über 2 Jahre bestehen. Die Überlebenswahrscheinlichkeit betrug 97% nach einem Jahr, 93% nach 2 Jahren und 89% nach 3 Jahren. Das Überleben bei Patienten mit WHO-Funktionsklasse II zu Studienbeginn betrug nach einem Jahr, 2 Jahren bzw. 3 Jahren 97%, 94% bzw. 90% und bei Patienten mit WHO-Funktionsklasse III zu Studienbeginn 97%, 93% bzw. 88% [6].

Einzigartiger Wirkmechanismus zur Therapie bei PAH

Durch seinen dualen Wirkmechanismus unterscheidet sich Riociguat von anderen bei Patienten mit PAH bzw. CTEPH eingesetzten Wirkstoffen wie den Phosphodiesterase-5 (PDE5)-Inhibitoren. Denn die sGC-Stimulation wird über zwei Wege forciert und die cGMP-Produktion erhöht [7].

Die ebenfalls zur Behandlung bei PAH-Patienten eingesetzten PDE5-Hemmer sind darauf ausgerichtet, den Abbau von cGMP zu verhindern [7]. Die Wirksamkeit der PDE5-Hemmer wurde in verschiedenen Studien gezeigt. Die vorliegenden Register- und Langzeitdaten dokumentieren allerdings, dass nur ein gewisser Anteil der Patienten ausreichend auf die PDE5-Hemmung anzusprechen scheint. Die Ursache hierfür könnte in einer unzureichenden pulmonalvaskulären cGMP-Bildung liegen. Außerdem könnte eine verminderte NO-Synthese die pulmonalvaskulären cGMP-Spiegel mindern und damit die Effektivität der PDE5-Hemmer limitieren [7].

PATENT 1 und 2: gute Wirksamkeit bei PAH

Die gute klinische Effektivität von Riociguat bei PAH-Patienten wurde überzeugend in Studien dokumentiert [1]. In die randomisierte, doppelblinde, multinationale, placebokontrollierte Phase-III-Studie PATENT-1 wurden 443 erwachsene PAH-Patienten eingeschlossen [8]. Während der ersten 8 Wochen wurde Riociguat alle 2 Wochen entsprechend des systolischen Blutdrucks des Patienten sowie Anzeichen und Symptomen einer Hypotonie auf die individuell optimale Dosis titriert bis maximal 2,5mg dreimal täglich. Primärer Endpunkt der Studie war die placebokorrigierte Veränderung der 6MWD bei der letzten Visite (Woche 12) gegenüber dem Ausgangswert [8].

Durch die Behandlung wurde ein signifikanter Anstieg der 6MWD um 36m im Vergleich zu Placebo (p<0,0001) erzielt. Es resultierte ferner eine Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit mit konsistent anhaltenden Verbesserungen mehrerer klinisch relevanter sekundärer Endpunkte. Die klinisch beobachtete Verbesserung spiegelte sich auch in hämodynamischen Parametern wider [8]. Konkret war eine signifikante Verlängerung der Zeit bis zur klinischen Verschlechterung im Vergleich zu mit Placebo behandelten Patienten zu beobachten (p=0,0046) und eine deutliche Verbesserung des CR-10-Borg-Dyspnoe-Werts. Unerwünschte Ereignisse, die zum Absetzen der Behandlung führten, traten unter Riociguat dabei seltener auf als in der Placebogruppe [8].

Die in PATENT-1 beobachtete Verbesserung der 6MWD blieb in der offenen Folgestudie PATENT-2 über 2 Jahre erhalten [9]. Die Überlebenswahrscheinlichkeit der Patienten betrug 97% nach einem Jahr, 93% nach 2 Jahren und 88% nach 3 Jahren. Das Überleben bei Patienten mit WHO-Funktionsklasse II zu Studienbeginn betrug nach einem Jahr, 2 Jahren bzw. 3 Jahren 98%, 96% bzw. 93% und bei Patienten mit WHO-Funktionsklasse III zu Studienbeginn 96%, 91% bzw. 84%. Für das Überleben ohne klinische Verschlechterung wurde nach 2 Jahren insgesamt eine Rate von 79% ermittelt (Abb. 2) [9].

(hier Abbildung 2 platzieren)

Ausblick: Wechsel von PDE5-Hemmer auf Riociguat?

Riociguat kann bei PAH-Patienten sowohl als Monotherapie als auch in Kombination mit Endothelin-Rezeptor-Antagonisten (ERA) eingesetzt werden [1]. Die Unterschiede im Wirkmechanismus von Riociguat und PDE5-Hemmern können auch Unterschiede in der klinischen Wirksamkeit bedingen. So konnten im Rahmen der explorativen RESPITE-Studie erste Hinweise auf eine mögliche Verbesserung der klinischen Situation bei PAH-Patienten, die unter einem PDE5-Hemmer nicht adäquat therapiert waren, beobachtet werden [10]. Inwieweit ein Wechsel der Therapie von einem PDE5-Hemmer auf Riociguat sinnvoll ist, wird derzeit in der prospektiven, randomisierten, kontrollierten, internationalen, multizentrischen Studie REPLACE

untersucht [11].

Jetzt abonnieren
Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

S2k-Leitlinie

Husten – was tun, wenn er bleibt?

Lesetipps
Im Jahr 2023 wurden 10,8 Millionen Neuerkrankungen und 1,25 Millionen Todesfälle durch Tuberkulose registriert, mit stark heterogener globaler Verteilung.

© Dr_Microbe/stock.adobe.com

Vielversprechende Ergebnisse

Neue Strategie zur Tuberkulose-Früherkennung