Risiko zweite Corona-Welle
Ärztepräsident mahnt Urlauber zu besonderer Vorsicht

Plädoyer für Cluster-Isolierung bei Auftreten von COVID-19-Fällen: Dr. Klaus Reinhardt.
© Rolf Schulten
Berlin. Wegen des Risikos einer zweiten Corona-Welle in Deutschland mahnt Ärztepräsident Dr. Klaus Reinhardt Urlauber zu besonderer Vorsicht. „Es gelten auch im Urlaub die Abstands- und Hygieneregeln“, sagte Reinhardt der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Völlig unverständlich sei es, wie sich einige Urlauber vor einer Woche auf Mallorca verhalten hätten. „Party in der Pandemie – das ist schlicht unverantwortlich“, sagte der Präsident der Bundesärztekammer. Auf der Urlaubsinsel hatten Menschen unter Missachtung der Vorsorgemaßnahmen gefeiert.
Der Ärztepräsident mahnte: „Bis wir eine wirksame Impfung haben und die Pandemie tatsächlich besiegen können, müssen wir alle verantwortungsvoll handeln, und zwar auch und gerade zum Schutz all derer, die durch COVID-19 besonders gefährdet sind, die Älteren und die vielen Menschen mit Vorerkrankungen.“ Die Vorsichtsmaßnahmen einzuhalten, sei nicht zu viel verlangt. „Nicht ratsam sind derzeit Reisen zu Urlaubsorten, an denen die Infektionsraten aktuell hoch sind, den Südstaaten der Vereinigten Staaten etwa oder Brasilien – vor allen Dingen, wenn man zu den Risikogruppen zählt“, sagte Reinhardt.
Plädoyer für Cluster-Isolierung
Zur weiteren Eindämmung der Corona-Pandemie machte sich Reinhardt für konsequente schnelle, fallbezogene Isolierungen stark. „Cluster-Isolierung ist meines Erachtens die pragmatischste Art, mit der Pandemie umzugehen“, sagte Reinhardt. Dabei werden beim Auftreten von Infektionen an einem Ort schnell alle Kontaktpersonen in Quarantäne untergebracht.
„Ausreisesperren dürfen nur die Ultima ratio sein“, forderte Reinhardt. „Es ist gut, dass Bund und Länder das Infektionsgeschehen nun lokal begrenzen wollen.“ Bund und Länder hatten vereinbart, dass Infizierte und Kontaktpersonen in Quarantäne untergebracht werden sollen, wenn es in einem bestimmten „Cluster“ wie einem Unternehmen, einer Freizeitgruppe oder bei einer Familienfeier zu einem Ausbruch kommt. Lokale Ausreisesperren soll es demnach geben, wenn es keine Gewissheit gibt, dass die Infektionsketten auf diese Weise umfassend unterbrochen werden konnten.
Beispiel Japan
Reinhardt verwies auf das Beispiel von Japan: „Wenn dort mehr als fünf Infektionsfälle bei einem Ereignis oder an einem Veranstaltungsort gemeldet werden, dann werden alle Kontaktpersonen möglichst schnell lückenlos identifiziert und in häuslicher Quarantäne untergebracht.“
Der Ärztepräsident pochte auf möglichst sanfte Eindämmungsschritte. Noch bevor es zu einer großen Testung komme, sollten die Infektionsketten unterbrochen werden. „Allerdings nicht für 14 Tage, nach aktuellen wissenschaftlich-medizinischen Erkenntnissen ist eine Woche völlig ausreichend“, erläuterte der Ärztepräsident. Länger sei die Infektiosität von COVID-19 nicht anzusetzen. Bei so einem Vorgehen brauche man auch keine großen Reihentestungen von Menschen ohne Symptome. (dpa)