Hintergrund
Aids 2016: Internationale Gemeinschaft sucht weiter Wege zur HIV-Ausrottung
Vor allem benachteiligte Randgruppen müssen mit ins Boot genommen werden, wenn es um die Eindämmung der HIV-Epidemie geht, so der Konsens der Internationalen Aids-Konferenz in Durban. Knackpunkte sind die Prävention und der Zugang zur Therapie.
Veröffentlicht:UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon hat die derzeit in Durban stattfindende 21. Internationale Aids-Konferenz (Aids 2016) als Bühne genutzt, um sich weiter für den besseren Zugang von HIV-positiven Menschen zur medikamentösen Behandlung weltweit einzusetzen.
"Vor 16 Jahren, als die Aids-Konferenz zuletzt in Durban abgehalten wurde, hatte weniger als ein Prozent aller Menschen mit HIV in armen Ländern Zugang zur medizinischen Behandlung. Millionen starben, während sie auf Medikamente warteten. Heute erhalten mehr als 17 Millionen Menschen eine Behandlung," verdeutlichte Ban diese Woche in Südafrika.
Der UN-Generalsekretär forderte mit deutlichen Worten zum Handeln auf. "Wenn wir bis 2030 eine allgemeine Gesundheitsversorgung erreichen wollen, müssen wir Behandlungsbarrieren niederreißen. Und wir müssen Behandlungen entwickeln für Tuberkulose und vernachlässigte tropische Erkrankungen", so Ban.
UN High-Level Panel soll den Weg ebnen
Um die gesteckten Ziele zu erreichen, setzt Ban auf das von ihm im November vergangenen Jahres installierte High-Level Panel on Access to Medicines. In dem Gremium unter dem Co-Vorsitz des ehemaligen botswanischen Präsidenten Festus Gontebanye Mogae und der ersten Schweizer Bundespräsidentin Ruth Dreifuss sind insgesamt 16 Vertreter aus der Industrie, dem öffentlichen Gesundheitssektor, Menschenrechtsexperten und Juristen vertreten, um Ansätze zur weltweiten Innovation und zum Zugang zur Gesundheitsversorgung zu fördern.
Das Panel wurde im Nachgang zum UN-Nachhaltigkeitsgipfel, der Ende September stattgefunden hat, etabliert, um die Realisierung der in New York unter dem Dach der verabschiedeten "2030 Agenda für nachhaltige Entwicklung" festgelegten Nachhaltigkeitsziele unterstützend zu begleiten.
Unter Ziel Nummer drei "Health" verpflichten sich die Signatarstaaten unter anderem, bis 2030 epidemische Krankheiten wie Aids, Tuberkulose, Malaria oder Ebola auszurotten. Das Panel soll sich inkohärenten Politikpraktiken zwischen berechtigten Rechten von Erfindern, internationalen Menschenrechten, Handelsregeln und Öffentlicher Gesundheit im Kontext der Gesundheitstechnologien widmen.
In Durban wiesen Wissenschaftler und Vertreter verschiedener Organisationen darauf hin, dass diskriminierende Gesetze und Politiken noch immer in vielen Teilen der Welt den Zugang zur HIV-Prävention und -Behandlung behindern. Das betreffe auch die Betreuung der Bevölkerungsteile, die am meisten einem HIV-Infektionsrisiko ausgesetzt seien: Männer, die Sex mit Männern haben (MSM), Transsexuelle, Sexarbeiter, Drogenkonsumenten sowie Gefängnisinsassen.
Mit Verweis auf die jüngsten Daten der UN-Organisation UNAIDS hieß es, dass weltweit ein Drittel aller HIV-Neuinfektionen auf eben jene Bevölkerungsgruppen entfielen. Verglichen mit der allgemeinen Bevölkerung würden transsexuelle Menschen 49 mal häufiger mit HIV leben, bei MSM sowie Drogenkonsumenten sei die HIV-Infektionswahrscheinlichkeit je 24 mal, bei Sexarbeitern zehnmal und bei Häftlingen fünfmal höher.
Exklusion und Diskriminierung forcieren Ausbreitung
Chris Beyrer, Präsident der Internationalen Aids-Gesellschaft, warnte davor, die gefährdetsten gesellschaftlichen Randgruppen aus dem Blick zu verlieren. "Wir werden Aids nicht beenden, ohne die Bedürfnisse der am meisten verwundbaren Individuen und Gemeinden zu adressieren. Gegenwärtig sind viel zu viele abgehängt", erläuterte der International Chair der Aids 2016.
"Menschenrechte zu schützen ist nicht nur eine moralische Angelegenheit, es ist auch eine wissenschaftliche. Die Forschung, die bei dieser Konferenz präsentiert wird, wird zeigen, dass Exklusion und Diskriminierung helfen, die Ausbreitung von HIV zu befeuern", so Beyrer weiter.
Richter Edwin Cameron vom südafrikanischen Verfassungsgericht mahnte in Durban, die HIV-/ Aids-Problematik als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu verstehen. "Wenn wir effektiv mit HIV umgehen wollen, müssen unsere Gemeinden und Gesellschaften lange bestehende Vorurteile sowie Hass und Ignoranz beseitigen", so Cameron. Nur wenn wissenschaftliche Fortschritte zu sozialen und kulturellen Fortschritten passten, könnte die Epidemie eradiziert werden, mahnte Cameron.