Knifflige Differenzialdiagnose

Asthma – oder nur zu dick?

Wenn keuchende, schwer übergewichtige Patienten in der Praxis über "Asthma" klagen, ist Vorsicht geboten. Denn möglicherweise sind die Symptome eher Folge der überflüssigen Pfunde als ein pneumologisches Problem.

Von Beate Fessler Veröffentlicht:
Patienten mit übergewichtsassoziiertem Asthma sprechen oft nur gering auf eine medikamentöse Asthmatherapie an.

Patienten mit übergewichtsassoziiertem Asthma sprechen oft nur gering auf eine medikamentöse Asthmatherapie an.

© noel moore / Fotolia

DRESDEN. Die Zahl der Menschen mit Adipositas steigt stetig – und gleichzeitig ist Asthma eine der weltweit häufigsten chronischen Erkrankungen. Die Wahrscheinlichkeit ist also groß, dass ein Patient adipös und zugleich an Asthma erkrankt ist.

Allerdings kann Adipositas auch zu Dyspnoe oder lungenfunktionellen Veränderungen führen, die Asthma-ähnliche Symptome zur Folge haben, ohne dass eine Sensibilisierung oder eine TH2-Immunreaktion vorliegen. So kann die Diagnosestellung eine Herausforderung für Ärzte werden – zumal die korrekte Diagnose die Voraussetzung für eine adäquate Therapie ist.

Wie schwierig die Differenzialdiagnose ist, hat auch eine Studie mit 86 adipösen Patienten ergeben, bei denen eine bariatrische Chirurgie geplant war (Resp Med 2013; 107: 1356-1364): Bei 54 Patienten lautete die Überweisungsdiagnose "kein Asthma", bei 32 Patienten dagegen "Asthma".

"Schauen Sie nach eosinophiler Inflammation"

Von den vermeintlichen Asthmatikern hatten jedoch nur 59 Prozent tatsächliche eine reversible Atemwegsobstruktion und/oder eine bronchiale Hyperreagibilität. Bei 41 Prozent konnte die Diagnose dagegen nicht bestätigt werden. Umgekehrt wurde bei 31 Prozent der Patienten, bei denen keine Asthmadiagnose gestellt worden war, nun Asthma neu festgestellt.

Diese Ergebnisse deuten auf das Risiko einer Unter- und Überdiagnose von Asthma bei Personen mit starkem Übergewichtigen hin.

Wegweisend kann der Nachweis einer eosinophilen Entzündung in den Atemwegen sein. "Schauen Sie nach eosinophiler Inflammation", empfahl Professor Christian Taube, Westdeutsches Lungenzentrum am Universitätsklinikum Essen, beim Pneumologen-Kongress in Dresden.

FeNO als Marker

Als Marker für ein Eosinophilen-getriebenes Asthma kann FeNO (Fraktioniertes exhaliertes Stickstoffmonoxid) herangezogen werden. ( Respiratory Research 2017, 18:205)

Bei Patienten mit Übergewicht und erhöhtem FeNO-Wert über 25 ppb kann von Asthma ausgegangen werden. Bei Patienten mit niedrigerem FeNO liegt eher ein Übergewicht-assoziiertes Asthma vor, bei dem die Symptomatik in Teilen Folge der Adipositas ist.

Die Gewichtsreduktion ist bei stark Übergewichtigen mit Atemwegsproblemen wichtiger Bestandteil der Therapie. Ist sie erfolgreich, verbessern sich auch die Atembeschwerden.

So lässt sich mit einer bariatrischen Chirurgie nicht nur innerhalb von zwölf Monaten ein erheblicher Gewichtsverlust erreichen. Auch die Lungenfunktion und der ACQ (Asthma Control Questionnaire) verbessern sich, der Gebrauch von inhalativen Steroiden sinkt.

"Es muss aber nicht immer Chirurgie sein", so Taube. Auch Rehabilitationsprogramme könnten helfen Gewicht zu verlieren und die Lungenfunktion zu steigern; hier insbesondere ein High-Intensity-Training. (Mitarbeit: grz)

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