Zulassung erteilt

„AstraZeneca Impfstoff“: Ein Vakzin nur für Jüngere?

AstraZenecas Corona-Impfstoff ist in der EU zugelassen. In Deutschland wird er sehnsüchtig erwartet. Zunächst sollen damit nur Erwachsene bis 64 geimpft werden.

Wolfgang GeisselVon Wolfgang Geissel Veröffentlicht:
Nur unter 65-Jährige sollen zunächst mit der neuen Vakzine geimpft werden, so die STIKO.

Nur unter 65-Jährige sollen zunächst mit der neuen Vakzine geimpft werden, so die STIKO.

© DeepMeta/stock.adobe.com

Neu-Isenburg. Das Beratergremium CHMP der EU-Arzneibehörde EMA hat den „AstraZeneca Impfstoff“ (früher hieß er AZD1222) jetzt zur Zulassung empfohlen, die EU-Kommission hat diese bereits erteilt. Anders als die Ständige Impfkommission (STIKO) in Deutschland empfehlen die EMA-Experten den Impfstoff aber auch für über 64-Jährige.

Das europäische Gremium stimmt allerdings mit der STIKO überein, dass es zu wenig Studiendaten gibt, um die Wirksamkeit des „AstraZeneca Impfstoffs“ in höheren Altersgruppen beurteilen zu können. Aufgrund von Surrogatparameter zur Immunreaktion sei aber von einer Wirksamkeit auch bei alten Menschen auszugehen, heißt es in einer Erklärung der EMA dazu. Mehr Informationen zur Wirksamkeit erhoffe man sich jetzt von weiteren Daten aus noch laufenden Studien.

STIKO bekräftigt ihre Entscheidung

Die STIKO hat derweil ihre Entscheidung bekräftigt, den AstraZeneca-Impfstoff in Deutschland nur für Menschen bis 64 Jahre zu empfehlen, wie der Vorsitzende des Gremiums, Professor Thomas Mertens aus Ulm, am Freitagabend bei einem Webinar des „Science Media Center“, betont hat. Die entsprechende „2. Aktualisierung der COVID-19-Impfempfehlung“ wurde inzwischen publiziert (Epi Bull 2021; online vorab 29. Januar).

Die eingeschränkte Empfehlung sei kein Urteil über die Qualität des Impfstoffs, betonte Mertens. Sollten weitere Daten zum Schutz alter Menschen mit „AstraZeneca Impfstoff“ vorliegen, könne die STIKO auch sehr schnell über eine Empfehlung zur Impfung von Menschen ab 65 entscheiden.

Massentauglicher Impfstoff

Auch Professor Clemens Wendtner von der München Klinik Schwabing sprach sich bei dem Webinar für die Altersbeschränkungen bei der Empfehlung aus. Der Infektiologe trat der Wahrnehmung entschieden entgegen, dass „AstraZeneca Impfstoff“ ein zweitklassiger Impfstoff sei.

„Angesichts der Ausbreitung neuer Mutanten ist es wichtig, dass jetzt möglichst viele Menschen schnell geschützt werden“, betonte der Infektiologe. „Dass es mittlerweile einen dritten zugelassenen Impfstoff gibt, ist eine Riesen-Chance“, betonte er.

Es sei ein massentaugliches Präparat, mit dem auch niedergelassene Ärzte in der Breite impfen können. Damit ließen sich bald auch weitere Gruppen in den Priorisierungsstufen und eher jüngere Menschen schützen.

Lesen sie auch
Schlagworte:
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Fehler und Erfolge

Fünf Jahre Corona: Caritaspräsidentin zieht Bilanz

Weltgesundheitsorganisation

WHO zieht Bilanz: Deutlich weniger Corona-Tote

Das könnte Sie auch interessieren
Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

© Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH

Vitamin-C-Therapie

Die Chancen der Vitamin-C-Hochdosis-Therapie nutzen

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Medizinischer Infusions-Tropf mit buntem Hintergrund

© Trsakaoe / stock.adobe.com

Hochdosis-Therapie

Vitamin C bei Infektionen und Long-COVID

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

© Spinger Medizin Verlag

Vitamin C als hochdosierte Infusionstherapie

Internationaler Vitamin-C-Kongress im Juni

Anzeige | Pascoe pharmazeutische Präparate GmbH
Für Menschen ab 60 Jahren sind die Impfungen gegen Influenza, Corona, Pneumokokken und Herpes zoster (beide nicht im Bild) Standard-Impfungen. Für Menschen ab 75 Jahren kommt die RSV-Impfung hinzu.

© angellodeco / stock.adobe.com

Respiratorisches Synzytial Virus

STIKO: Alle Menschen ab 75 gegen RSV impfen!

Kommentare
Dr. Thomas Georg Schätzler 01.02.202119:41 Uhr

FAKTENCHECK
von Dr. med. Thomas G. Schätzler, Facharzt für Allgemeinmedizin in Dortmund

Ein Impfstoff, 2-mal verabreicht, mit einem Wirkungsgrad, wie hier angegeben, von ganzen 59,5% ist gar kein Impfstoff, sondern homöopathienaher, wissenschaftsferner Unfug!

Die EMA sollte schleunigst dem COVID-19-Impfstoff AZD1222 von AstraZeneca die bedingte Zulassung für Personen ab 18 Jahren entziehen, ohne Altersbeschränkung nach oben. Er schützt den Daten zufolge nur 59,5% aller Geimpften vor einem symptomatischen Verlauf von COVID-19 und das ist erbärmlich wenig. Im Dezember 2020 waren Daten dazu in The Lancet erschienen
https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(20)32661-1/fulltext

Die EMA-Direktorin Emer Cooke sollte wg. Unfähigkeit, empirisch gewonnene Daten korrekt zu interpretieren, zurücktreten. Ihre Behauptung, es gäbe bisher nicht genügend Ergebnisse bei älteren Teilnehmern über 55 Jahren, ist richtig, blieb aber bei einem Medianwert von 40 Jahren ohne Konsequenzen. Fakten wurden durch Hoffnungen ersetzt: Dass die EMA selbst auf Ergebnisse aus weiteren Studien hofft, um diese und weitere offene Fragen zu klären, ist hochnotpeinlich.

Auch die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut sollte diesen Schwachmathen-Impstoff wg. grottenschlechter Studienlage überhaupt nicht empfehlen. „Der COVID-19-Impfstoff von AstraZeneca wird aktuell aufgrund der derzeit verfügbaren Daten nur für Personen im Alter von 18 bis 64 Jahren empfohlen; zur Beurteilung der Impfeffektivität ab 65 Jahren liegen bisher keine ausreichenden Daten vor“, schreibt die STIKO. Das sollte bei Experten blankes Entsetzen hervorrufen.

Bei der AstraZeneca-Vakzine wurde zunächst von einem im Impfstoff Vergleich schon sehr schlechten Wirkungsgrad von 70,4% ausgegangen, der nunmehr nur noch 59,5% betragen soll.

Fortsetzung Faktencheck

Dr. Thomas Georg Schätzler 01.02.202119:29 Uhr

Fortsetzung FAKTENCHECK

Prof. Dr. Thomas Mertens: „Die Pressemitteilung der EMA bestätigt die öffentlich verfügbaren Informationen über den Impfstoff von AstraZeneca: Das Standard-Impfschema mit 2 Dosen bietet einen Schutz von ungefähr 60 Prozent bei Personen zwischen 18 und 55 Jahren“, Bei den Impfstoffen von Moderna und BioNTec gibt es dagegen mehr Angaben zur Effektivität bei Menschen über 80.

Grundlage der EMA-Zulassungsempfehlung waren kombinierte Ergebnisse aus 4 klinischen Studien. Eingeschlossen wurden 23.848 Personen aus Großbritannien, Brasilien und Südafrika. Sie erhielten 1:1 randomisiert den COVID-19-Impfstoff oder Placebo beziehungsweise eine andere Vakzine. Die meisten Probanden waren zwischen 18 und 55 Jahre alt. Dabei kam es wohl primär zu einem Wirkungsgrad von 70,4%: Wegen der extrem niedrigen Ereigniszahlen ein klassischer Studien-Bias (Fehlannahme).

Da vom Impfstoff 2 Standarddosen verabreicht werden und die 2. Dosis 4 bis 12 Wochen nach der 1. Dosis zu spritzen ist, konzentrierte sich die EMA auf Ergebnisse mit Personen, die dieses Standardschema erhielten. In dieser Gruppe kam es zu einer 59,5-prozentigen Verringerung der Zahl symptomatischer COVID-19-Fälle. Unter Verum erkrankten 64 von 5.258 Personen, unter Placebo 154 von 5.210 Teilnehmern.

Das sind die Fakten.

Mf+kG, Ihr Dr. med. Thomas G. Schätzler, FAfAM Dortmund

Dr. Thomas Georg Schätzler 01.02.202114:55 Uhr

AstraZeneca-Impfstoff (AZD1222) eindeutig zweitklassiger und altersdefizienter Impfstoff

In diesem Zusammenhang wandte und drehte sich unsere Kollegin und EU-Kommissionspräsidentin Frau Dr. med. Ursula von der Leyen im gestrigen Interview wie ein Aal: Hochnotpeinlichen Fragen nach den erbärmlich niedrigen Impfquoten in Deutschland gegenüber wesentlich höheren in GB und USA wich sie aus, bei Fragen nach Zeitverzögerung und Behördenträgheit tauchte sie ab, fehlende Entschlossenheit stritt sie rundweg ab und bei Fragen nach ihrer persönlichen Verantwortung hörte sie einfach weg.

Sich mit gerade um 9 Millionen vermehrten Impfdosen bei ca. 550 Millionen Europäern ausgerechnet vom britisch-schwedischen AstraZeneca Konzern brüsten zu wollen, gleicht einem Pýrrhussieg, einem Erfolg, der mit hohem Einsatz, mit großen Opfern verbunden ist und eher einem Fehlschlag gleicht.

Denn die extrem schlampig gemachte Studie der University of Oxford und von AstraZeneca als Zulassungsstudie offenbart den bisher schlechtesten Wirkungsgrad der Schutzimpfung von nur 70,4%. Nur 8,4% der Probanden waren 56 bis 69 Jahre alt und weitere 3,8% 70 Jahre oder älter. Das Durchschnittsalter war im Median 40 Jahre

https://www.doccheck.com/de/detail/articles/31427-astrazeneca-impfstoff-azd1222-ein-trauerspiel

Andere Impfstoffe, von denen die EU offenkundig absehbar viel zu spät und zu wenige geordert hatte bzw. geliefert bekommt, haben mindestens einen Wirkungsgrad von 95%.

Wie in allen ihren bisherigen Ämtern gerät die Präsidentin der Europäischen Kommission mal wieder mächtig unter Druck.

Mf+kG, Ihr Dr. med. Thomas G. Schätzler,FAfAM Dortmund

Quelle
https://www.doccheck.com/de/detail/articles/31463-astrazeneca-liefert-neun-millionen-dosen-mehr

Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Impfungen – ob Influenza oder Reisezeit

© Springer Medizin Verlag GmbH

Impfungen – ob Influenza oder Reisezeit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt a. M.
Protest vor dem Bundestag: Die Aktionsgruppe „NichtGenesen“ positionierte im Juli auf dem Gelände vor dem Reichstagsgebäude Rollstühle und machte darauf aufmerksam, dass es in Deutschland über drei Millionen Menschen gebe, dievon einem Post-COVID-Syndrom oder Post-Vac betroffen sind.

© picture alliance / Panama Pictures | Christoph Hardt

Symposium in Berlin

Post-COVID: Das Rätsel für Ärzte und Forscher

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: vfa und Paul-Martini-Stiftung
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Leitartikel zu Impfvereinbarungen

Impfungen von der STIKO zur Regelversorgung: Zwei Schleifen zu viel

Der positive Jahresrückblick

Diese guten Nachrichten gab es 2024 im Gesundheitswesen

Lesetipps
Krankenkassen haben zum Jahreswechsel schlechte Botschaften für ihre Mitglieder: die Zusatzbeiträge steigen stark. Die Kritik an versäumten Reformen der Ampel-Koalition ist einhellig.

© Comugnero Silvana / stock.adobe.com

Update

70 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025