Bewegung: Erfolgspotenzial hoch - Umsetzungsfaktor niedrig
Eine drohende Entwicklung zum Typ-2-Diabetes kann durch ein paar konsequente Lebensstilkorrekturen abgewendet oder zumindest deutlich gebremst werden.
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Walking in der Gruppe bringt viel. Aber 2,5 Stunden pro Woche sollten es schon sein. © Netzhaut
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HOHENKAMMER (wst). Zum Thema Diabetesprävention durch Lebensstiländerung sind die epidemiologische Datenlage und Ergebnisse kontrollierter Interventionsstudien eindeutig.
Dennoch gelingt es bislang viel zu selten, Diabetesgefährdete auf diesen richtigen Weg zu bringen. Zwei wichtige Interventionsstudien der letzten Jahre - die Finnische Diabetes-Präventions-Studie sowie das US-amerikanische Diabetes Präventions Programm - kamen zu einem weitgehend übereinstimmenden Ergebnis, hat Professor Jochen Seißler auf einem Symposium des BRK-Blutspendedienstes im Schloss Hohenkammer erinnert: Durch Gewichtsabbau, mehr Bewegung und eine gesündere Ernährung konnte bei Menschen mit prädiabetischer Stoffwechsellage das Risiko, innerhalb von sechs beziehungsweise vier Jahren einen manifesten Typ 2-Diabetes zu entwickeln, um 58 Prozent reduziert werden.
Dass im Untersuchungszeitraum dennoch auch in den Interventionsgruppen immerhin etwa 20 Prozent der Teilnehmer diabetisch wurden, konnte in Post-hoc-Analysen vor allem einer mangelhaften Compliance angelastet werden, sagte Seißler. Denn wurden in den Interventionskollektiven nur die Patienten betrachtet, die vier von fünf erfolgsentscheidenden Interventionszielen erreicht hatten und halten konnten, entwickelten von diesen in der Finnischen Studie seines Wissens keiner und in der amerikanischen Studie weniger als zehn Prozent einen manifesten Diabetes, so Seißler.
Die fünf entsprechenden Erfolgskriterien waren: Eine Gewichtsreduktion um mehr als fünf Prozent des Ausgangsgewichtes, eine Steigerung sportlicher Aktivität auf mindestens 2,5 Stunden pro Woche, eine Zunahme des Anteils faseriger Balaststoffe auf 15 g/1000 kcal, eine Reduktion des Fettanteils in der Nahrung auf unter 30 Prozent und eine Reduktion des Anteils gesättigter Fettsäuren in der Nahrung auf unter 10 Prozent.
All diese Erkenntnisse nützen allerdings wenig, wenn es uns wie bisher nicht gelingt, sie in die breiten Praxis umzusetzen, kritisierte Seißler. Er forderte Wissenschaft und Gesellschaft auf, auch langfristig effektive Präventionsprogramme einschließlich regelmäßiger Auffrischungsmodule zu entwickeln und bereitzustellen. Ebenso wichtig sei aber - durchaus auch monetäre - evidenzbasierte Anreize zu schaffen, die die anvisierten Zielpersonen in großer Zahl in die Programme locken und das Erreichen vorgegebener Ziele belohnen.