Weniger Schlaganfälle

Die Antikoagulation macht's

Patienten mit Vorhofflimmern bekommen viel seltener Schlaganfälle als noch vor zwei Dekaden. Ein großer Teil des Erfolgs lässt sich offenbar der Antikoagulation zuschreiben.

Von Thomas Müller Veröffentlicht:
Rettungsteam: Die Zahl der Schlaganfälle ist in den letzten Jahren gesunken.

Rettungsteam: Die Zahl der Schlaganfälle ist in den letzten Jahren gesunken.

© M.Tomczak / fotolia.com

MINNEAPOLIS. In den vergangenen zwei Dekaden ist in Deutschland die absolute Zahl der Todesfälle bei ischämischem Infarkt um etwa 60 Prozent gesunken. In Industrieändern insgesamt sank die Schlaganfall-bedingte Sterberate in dieser Zeit von 97 auf 61 pro 100.000 Einwohner - ein Rückgang um 37 Prozent.

Als Hauptgrund für die Entwicklung wird die gute medikamentöse Prophylaxe bei Patienten mit hohem Schlaganfallrisiko genannt. Darauf deutet nun auch eine Analyse von Daten des staatlichen US-Krankenversicherers Medicare aus den Jahren 1992 bis 2010 hin, und zwar speziell bei Patienten mit Vorhofflimmern (VHF) (JACC 2014; 3: e000756).

Ein Team um Dr. Gautam Shroff von der Universität in Minneapolis fand zum einen, dass sich die VHF-Prävalenz unter den älteren Versicherten in dieser Zeit mehr als verdoppelt hatte (von 3,2 auf 7,6 Prozent), die Inzidenz aber stagnierte - ein Zeichen für eine höhere Lebenserwartung der Patienten.

Auch die Inzidenz für einen ischämischen Schlaganfall bei den VHF-Patienten sank zwischen 1992 und 2010 um etwa zwei Drittel, und zwar bei Männern von 4,3 Prozent (1992) auf 1,4 Prozent (2010), bei Frauen von 5,3 auf 1,8 Prozent.

Im selben Zeitraum nahm der Anteil der Patienten, die eine Antikoagulation mit einem Vitamin-K-Antagonisten erhielten, deutlich zu - von etwa einem Viertel auf über 60 Prozent: Je mehr Menschen eine Antikoagulation bekamen, umso niedriger war die Schlaganfallrate.

Nun lässt sich natürlich dieser Rückgang nicht ausschließlich mit der Antikoagulation begründen, schließlich ist das Schlaganfallrisiko im selben Zeitraum auch bei Menschen ohne Vorhofflimmern gesunken.

Das Team um Shroff verglich daher die Rate bei VHF-Patienten mit und ohne Antikoagulation. Bei Patienten ohne Antikoagulation hatte sie sich in den 18 Jahren in etwa halbiert, bei denjenigen mit Warfarin war sie hingegen um zwei Drittel gesunken.

VHF-Patienten, die heute auf eine Antikoagulation verzichten, haben danach ein doppelt so hohes Schlaganfallrisiko wie VHF-Patienten mit Gerinnungshemmern, 1992 lag der Unterschied noch bei etwa einem Viertel.

Anders ausgedrückt: Die Antikoagulation ist heute offenbar die wichtigste Einzelmaßnahme, um das Schlaganfallrisiko bei VHF zu senken. Das Risiko für eine Hirnblutung ist mit der Verbreitung der Vitamin-K-Antagonisten jedoch nicht gestiegen, die Medicare-Daten deuten vielmehr auf einen leichten Rückgang.

Der Rückgang der Inzidenz hämorrhagischer Insulte wird auch von einer Studie aus Texas bestätigt (Neurology 2014; 82: 2180). Neurologen um Dr. Darin Zahuranec von der Universität in Ann Arbor kamen für das Jahr 2000 altersadjustiert auf 5,2 spontane Hirnblutungen pro 10.000 Einwohner, im Jahr 2010 waren es nur noch 4,3 - ein Rückgang um über 20 Prozent.

Allerdings war die Inzidenz nur in der älteren Bevölkerung zurückgegangen, nicht bei den unter 60-Jährigen. Auch hat sich bei der Mortalität im Gegensatz zu ischämischen Insulten nicht viel getan: Noch immer sterben 40 Prozent der Betroffenen im ersten Monats nach dem Ereignis.

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