Alzheimer
Drei Stunden Sport pro Woche halten Hirn helle
Regelmäßiges Turnen kann Denkgeschwindigkeit und Aufmerksamkeit von Patienten mit leichter Alzheimerdemenz verbessern.
Veröffentlicht:BERLIN. Noch immer sind die pharmakologischen Therapieoptionen bei einer Alzheimerdemenz recht bescheiden, viele Geriater setzen daher auch auf nichtmedikamentöse Verfahren.
Da Sport und körperliche Aktivität in vielen Studien bei Gesunden die kognitiven Funktionen verbessern konnten, scheint eine positive Wirkung auch bei Alzheimerdemenz plausibel.
Zahlreiche kleinere Studien hatten hier in der Tat Hinweise auf eine kognitive Stabilisierung und auch eine Linderung der Verhaltensauffälligkeiten ergeben, allerdings waren in diesen Studien die Schwere der Demenz und das Ausmaß der körperlichen Aktivitäten häufig nicht bestimmt worden - die Studienteilnehmer waren also sehr heterogen, und wie viel Sport sie trieben, blieb oft unklar, erläuterte Dr. Gunhild Waldemar von der Uniklinik in Kopenhagen, Dänemark.
Studie mit 200 Patienten
Auf dem ersten Kongress der European Academy of Neurology stellte die Neurologin nun erste Daten der ADEX-Studie mit 200 Patienten vor - einer der größten Studien zum Nutzen von Sport bei Alzheimerdemenz.
In der Studie wurde gezielt ein aerobes Training mit moderater bis hoher Intensität bei Patienten mit leichter Alzheimerdemenz (MMSE >19) geprüft.
Dazu teilten die Studienärzte übungswillige Patienten in zwei Gruppen ein: Die erste Gruppe absolvierte in speziellen Zentren an drei Tagen pro Woche jeweils eine Stunde ein Kraft- und Ausdauertraining, etwa auf dem Laufband oder auf Fahrradergometern oder Crosstrainern. Training und Trainingsleistung wurden von geschultem Personal überwacht.
Die Teilnehmer sollten bei den Übungen etwa 70-80 Prozent der Pulsobergrenze erreichen. Das Training dauerte vier Monate. In der Kontrollgruppe erhielten die Teilnehmer in dieser Zeit lediglich die übliche Behandlung, danach durften sie ebenfalls am Training teilnehmen.
Primärer Endpunkt waren Veränderungen beim Symbol Digit Modalities Test (SDMT) nach vier Monaten. Der Test erfasst vor allem Verarbeitungsgeschwindigkeit und Aufmerksamkeit: Die Teilnehmer müssen innerhalb einer bestimmten Zeit (90 und 120 Sekunden) aus einer Auswahl von Zahlen und geometrischen Abbildungen möglichst viele sinnvolle Paare bilden, die maximale Punktzahl liegt bei 110, die minimale bei 0.
Im Schnitt waren die Patienten zwischen 70 und 72 Jahre alt, fast alle nahmen Antidementiva, der MMSE-Wert lag bei rund 24 Punkten, und im SDMT erreichten die Patienten zu Beginn 27 Punkte (Interventionsgruppe) und 25 Punkte (Kontrollgruppe).
Auch Demenzkranke waren begeistert
Auf dem EAN-Kongress konnte Waldemar nun erste Ergebnisse der Studie vorstellen. So war der SDMT-Wert bei allen Teilnehmern der Interventionsgruppe (Intention-to-treat-Analyse) nach 16 Wochen weitgehend auf demselben Niveau wie zu Studienbeginn, dagegen war er in der Kontrollgruppe leicht gefallen.
Der Unterschied von rund 2,5 Punkten zwischen beiden Gruppen war jedoch nicht signifikant. Nun schauten die Neurologen um Waldemar gezielt nach Effekten bei den Patienten, die tatsächlich das Übungsziel erreichten und mindestens 80 Prozent der Trainingsübungen mit einer Intensität von mehr als 70 Prozent der Pulsobergrenze absolvierten - das waren immerhin zwei Drittel.
Bei ihnen zeigte sich nun ein Unterschied von 4,2 Punkten zur Kontrollgruppe, und dieser war signifikant (p = 0,03).
Die Ergebnisse anderer Tests wie MMSE, ADAS-cog und Neuropsychiatrischem Inventar liegen noch nicht vor, so die Neurologin.
Waldemar sieht aber schon genug Evidenz, um ein überwachtes körperliches Training von Alzheimerpatienten in Betracht zu ziehen - vor allem mit Blick auf die geringen Nebenwirkungen und die spärlichen Alternativen.
Auch die Patienten scheinen von einem solchen Training begeistert zu sein: Immerhin 84 Prozent nahmen regelmäßig an den Übungen teil.