Schwangerschaften halten länger
Kinderarzt Meyburg: Ein Drittel weniger Frühgeburten in der Corona-Pandemie
Weniger Stress und ein gesünderes Leben im Lockdown hätten dafür gesorgt, dass Frauen ihre Kinder nicht mehr so häufig vorzeitig zur Welt bringen, so der Ludwigsburger Kinderarzt Professor Meyburg.
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Rund 60.000 Frühchen kommen jedes Jahr auf speziellen Stationen zur Welt. In den vergangenen beiden Jahren ist die Zahl um ein Drittel zurückgegangen.
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Ludwigsburg. Die Zahl der Frühgeburten ist nach Angaben eines Kinderarztes in der Pandemie um im Schnitt ein Drittel zurückgegangen. „Der Verzicht auf soziale Kontakte, gesünderes Leben, stressfreieres Arbeiten im Home-Office während des Lockdowns haben dazu geführt, dass Schwangerschaften länger gehalten haben“, sagte Jochen Meyburg, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am RKH Klinikum Ludwigsburg, der Deutschen Presse-Agentur. An der Heidelberger Uniklinik betrug dieser Wert ihm zufolge sogar 50 Prozent. Studien aus Dänemark, Irland und den Niederlanden bestätigten dies.
Diese Beobachtung in den Jahren 2020 und 2021 bedeute aber nicht, dass jetzt alle Schwangeren auf soziale Kontakte und ihre Arbeit verzichten sollten. „Man kann die Frauen doch nicht zurück ins 19. Jahrhundert schicken - das kann ja keiner wollen.“ Andere Ärzte halten die Erkenntnisse Meyburgs mit Blick auf anders lautende Studien für nicht genügend belegt.
Infektionen und vorzeitiger Blasensprung
Jedes Jahr kommen in Deutschland rund 60 000 Frühchen zur Welt, die in dafür spezialisierten Kliniken auf Frühchenstationen in Inkubatoren betreut werden.Die häufigsten Gründe für Frühgeburten sind Infektionen, vorzeitiger Blasensprung und Unterversorgung des Ungeborenen durch Durchblutungsstörungen der Plazenta. Frühchen sind Kinder, die vor der 37. Schwangerschaftswoche geboren werden.
Die allerkleinsten in der 22. Woche mit weniger als 500 Gramm Geborenen haben laut Meyburg geringe Überlebenschancen. In Ludwigsburg sterben ein bis drei von jährlich 50 bis 60 sehr kleinen Frühchen unter 1500 Gramm Geburtsgewicht - bei 2600 Geburten im Jahr. „Wir sind da in einem Grenzbereich, in dem das Ärzteteam mit den Eltern spricht, ob eine Therapie im Blick auf mögliche Behinderungen des Kindes sinnvoll ist“. (dpa)