Strategie gegen Mers-Seuche
Ein Impfstoff für Kamele
Einen wichtigen Schritt auf dem Weg zu einem Mers-Impfstoff haben deutsch-niederländische Forscher gemacht. Die Vakzine könnte die Virusverbreitung eindämmen, weil sie Dromedare schützt. Jetzt soll es klinische Studien geben.
Veröffentlicht:HANNOVER. Erkrankungen mit dem Mers-Coronavirus (Mers-CoV) wurden erstmals 2012 in Saudi Arabien registriert. Seither gab es weltweit mehr als 1600 gemeldete Fälle des "Middle East Respiratory Syndrome", jeder dritte Betroffene ist infolge der Erkrankung gestorben.
Alle bisher bestätigten Infektionen hängen aber bisher direkt oder indirekt mit der arabischen Halbinsel zusammen. Als ein Tierreservoir von Mers-CoV gelten nämlich Dromedare.
In den Tieren wurden unter anderem Antikörper gegen das Virus nachgewiesen. Die Infektion verläuft bei den einhöckrigen Kamelen unauffällig, doch offenbar können sich Menschen bei ihnen anstecken.
RKI mahnt Wachsamkeit an
Aber auch eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist möglich. Für Aufsehen hat im Frühsommer eine Erkrankungswelle in Südkorea mit mehr als 180 Patienten gesorgt.
Der Ausbruch ging auf einen einzelnen Patienten zurück, der zuvor arabische Länder bereist hatte. Auch in Deutschland gab es bislang drei Betroffene, die sich zuvor im saudi-arabischen Raum angesteckt hatten. Das Robert Koch-Institut (RKI) mahnt zu Wachsamkeit.
Besonders bei Patienten mit schwereren Atemwegs-Erkrankungen sollten Ärzte nachfragen, ob diese vor Kurzem in Ländern der arabischen Halbinsel (oder angrenzenden Ländern) gewesen sind.
Ein Impfstoff gegen das Mers-CoV wird dringend gesucht. Eine wirksame Strategie zur Prävention könnte dabei auch die Impfung von Dromedaren sein: Die Maßnahmen würde dem Virus seinen Wirt nehmen und die Krankheit könnte nicht mehr zum Menschen überspringen.
Erstmals ist eine solche experimentelle Vakzine erfolgreich an Dromedaren getestet, und zwar von Forschern um Professor Albert Osterhaus (Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover), Professor Gerd Sutter (LMU München) und Professor Bart L. Haagmans (Erasmus Medical Center Amsterdam) (Science 2015; Online 17. Dezember).
Der Impfstoffkandidat MVA-MERS-S war von Sutter bereits vor zwei Jahren entwickelt worden, berichtet die Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover in einer Mitteilung.
Pockenvirus als Impfvektor
Der Virologe und seine Kollegen haben dazu ein Mers-Gen in ein abgeschwächtes Pockenvirus (modified vaccinia virus Ankara, MVA) geschleust. MVA wurde bereits erfolgreich für die Pockenimpfung verwendet und wird derzeit als Basis für verschiedene Impfstoffe geben weitere Erkrankungen getestet.
Eine solche Plattformtechnologie wird auch mit anderen Impfvektoren gegen Mers geprüft. Die Wirksamkeit von MVA-MERS-S sei in den vergangenen Jahren bereits in mehreren Tests nachgewiesen worden und in der aktuellen Untersuchung erstmals in Studien mit Kamelen verwendet worden.
Die Forscher haben dazu acht Kamele mit dem Mers-Erreger angesteckt. Ein Teil der Tiere war drei Wochen zuvor sowohl intranasal als auch intramuskulär mit MVA-MERS-S geimpft worden.
Durch die Impfung hätten die Tiere ausreichend Antikörper entwickelt, sodass eine Virusvermehrung und Erkrankung geblockt werden konnten, berichten die Forscher in der Mitteilung. Die Antikörper konnten dabei sowohl in der Nasenschleimhaut als auch im Blut der Tiere nachgewiesen werden.
Die nicht-geimpften Tiere entwickelten dagegen die typische Nasen- und Nasennebenhöhleninfektion. "Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Impfung mit MVA-MERS-S die Anzahl ansteckender Mers-Erreger in der Nasenschleimhaut von Kamelen deutlich reduziert", wird Osterhaus in der Mitteilung zitiert.
Auch gibt es einen wichtigen Nebeneffekt: Die Impfung mit MVA-MERS-S schützt zudem gegen eine, den Menschenpocken sehr ähnlichen Erkrankung bei Kamelen, die für die Tiere lebensgefährlich sein kann.
Klinische Tests in Vorbereitung
MVA-MERS-S gilt zudem als Impfstoffkandidat für Menschen. Es würden dabei bereits wichtige Voraussetzungen für klinische Studien erfüllt, so die Stiftung.
Am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung sei dafür das Projekt "GMP manufacture and Phase I clinical investigation of MVA-MERS-S" eingerichtet worden.