Brustkrebs

Fortschritt kommt bei Älteren nicht an

Ältere Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs profitieren nicht von Therapiefortschritten: Die Überlebensrate ließ sich in den vergangenen 20 Jahren nicht erhöhen, zeigt eine Studie. Bei jüngeren Frauen hat sich dagegen viel getan.

Peter LeinerVon Peter Leiner Veröffentlicht:
Mamma-Ca: Bei älteren Patientinnen sollte im Zusammenhang mit der Krebstherapie ein geriatrisches Assessment erfolgen.

Mamma-Ca: Bei älteren Patientinnen sollte im Zusammenhang mit der Krebstherapie ein geriatrisches Assessment erfolgen.

© Arteria Photography

LEIDEN. Für ihre Beobachtungsstudie haben Onkologen und Wissenschaftler um die Chirurgin Nienke A. de Glas vom medizinischen Zentrum der Universität Leiden die Befunde von Brustkrebspatientinnen ausgewertet, bei denen ein bereits metastasiertes Mammakarzinom (Stadium IV der TNM-Klassifikation) erstmals zwischen 1989 und 2012 diagnostiziert worden war (Eur J Cancer 2015; online 2. Januar).

In den Niederlanden werden alle Daten von Krebspatienten im nationalen Krebsregister erfasst. Für die statistische Auswertung wurden drei Altersgruppen gebildet: jünger als 65 Jahre (n = 7247), zwischen 65 und 75 Jahre (n = 3259) sowie älter als 75 Jahre (n = 3805).

Deutliche Verbesserung bei jüngeren Patientinnen

In dem für die Studie berücksichtigten Zeitraum über mehr als zwei Dekaden, in deren Verlauf die Chemotherapie immer stärker genutzt wurde, verbesserte sich das Gesamtüberleben bei den jüngeren Patientinnen signifikant.

Die Mortalität ging pro Jahr um zwei Prozent zurück (Hazard Ratio [HR] pro Jahr: 0,98; 95%-Konfidenzintervall zwischen 0,98 und 0,99; p 0,001).

Dagegen verbesserte sich der Parameter "Gesamtüberleben" bei den Patientinnen über 75 Jahre nicht (HR: 1,00; 95%-Konfidenzintervall zwischen 1,00 und 1,01; p = 0,46).

Das Gleiche stellten die Wissenschaftler bei der Berechnung des relativen Überlebens (RER: relative excess risk) anhand der Ederer-II-Methode fest, bei der beobachtetes und erwartetes Überleben ins Verhältnis gesetzt werden.

Dabei wurden zudem Alter, Geschlecht und Jahr der Diagnose herausgerechnet. Bei den Patientinnen unter 65 Jahren lag der RER-Wert bei 0,98 pro Jahr(95%-Konfidenzintervall zwischen 0,97 und 0,99; p 0,001), in der Gruppe der mindestens 75 Jahre alten Frauen dagegen bei 1,01 pro Jahr (95%-Konfidenzintervall zwischen 1,00 und 1,02; p = 0,23).

Und noch etwas war bei den älteren Patientinnen anderes: Sie wurden anders als jüngere behandelt. So lag der Anteil der Frauen unter 65, die wegen des Primärtumors operiert worden waren, bei 32 Prozent, aber nur bei knapp 17 Prozent in der Gruppe der Frauen älter als 75 Jahre.

Auch wurden Ältere seltener bestrahlt (8,2 Prozent versus 17,7 Prozent). Nach Angaben von de Glas und ihren Kollegen erhielten ältere Frauen eher als jüngere eine Antihormontherapie und seltener eine Chemotherapie.

Unter- oder Übertherapie als Ursache?

Der Unterschied in den Überlebensraten zwischen jungen und älteren Patientinnen mit metastasiertem Brustkrebs wurde bereits in früheren Studien bei Frauen mit einem nicht metastasierten Mammakarzinom beobachtet.

De Glas und ihre Kollegen vermuten, dass in beiden Fällen eine Unter- oder Übertherapie aufgrund des höheren Alters die Ursache ist.

Einerseits könnten Patientinnen höheren Alters bestimmte Therapeutika vorenthalten werden, andererseits leben möglicherweise ältere Patientinnen nicht länger aufgrund unerwarteter Toxizitäten der Krebsbehandlung oder antihormonellen Therapie.

Die Ärzte aus Leiden sprechen sich dafür aus, im Zusammenhang mit der Krebstherapie ein geriatrisches Assessment zu nutzen, um das Morbiditäts- und Mortalitätsrisiko abzuschätzen.

Vor kurzem hätten sie eine prospektive Beobachtungsstudie begonnen, die den Nutzen des geriatrischen Assessments bei älteren Frauen mit metastasiertem Brustkrebs zum Zeitpunkt der Diagnose prüft.

Erfasst werden dabei funktionelle, kognitive und psychologische Verschlechterungen sowie die Lebensqualität.

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