Störeinflüsse

Gefährdet das iPhone 12 Patienten mit Schrittmachern? Kardiologen geben Entwarnung

Das iPhone 12 könne unter Umständen Herzschrittmacher und Defibrillatoren stören – diese Meldung hatte für Aufsehen gesorgt. Nun können Kardiologen aus Gießen nach einer umfassenden Untersuchung Entwarnung geben.

Von Veronika Schlimpert Veröffentlicht:
Wer einen Herzschrittmacher hat, sollte das iPhone 12 gemäß der Empfehlungen nicht direkt über dem implantierten Herzschrittmacher oder Defibrillator tragen oder benutzen.

Wer einen Herzschrittmacher hat, sollte das iPhone 12 gemäß der Empfehlungen nicht direkt über dem implantierten Herzschrittmacher oder Defibrillator tragen oder benutzen.

© peterschreiber.media / stock.adobe.com

Bonn. Das iPhone 12 kann Störeinflüsse auf implantierte kardiale Devices wie Schrittmacher oder implantierbare Kardioverter-Defibrillatoren (ICD) ausüben, wenn das Handy direkt über dem Implantat auf die Brust gelegt wird.

Das konnte eine Arbeitsgruppe vom Uniklinikum Gießen um Dr. Christian Fräbel in ihrer Untersuchung tatsächlich bestätigen. Relevante Interferenzen seien aber nicht vorgekommen, berichtete der Kardiologe bei den DGK-Herztagen in Bonn, wo er die Ergebnisse der Studie vorstellte.

Erst kürzlich publizierte Einzelfallberichte über potenzielle Störeinflüsse des iPhone 12 auf Schrittmacher- und ICD-Funktionen haben Bedenken ausgelöst. Sorgen in dieser Hinsicht bereitet vor allem die in dem Smartphone erstmals verbaute MagSafe-Technologie, die ein effizienteres induktives Laden ermöglichen soll.

18 zirkulär angeordnete Magneten seien darin enthalten, erläuterte Fräbel. Das dadurch erzeugte Magnetfeld könnte, so die Befürchtung, die Funktionsweise von Herzschrittmachern und ICD beeinträchtigen.

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Vier verschiedene Funktionen getestet

Doch wie hoch ist die Gefahr tatsächlich, und vor allem: Wie relevant sind die Interaktionen am Ende für den Patienten? Um diese Frage beantworten zu können, haben Fräbel und seine Kollegen 70 Patienten im Rahmen einer routinemäßigen Gerätekontrolle für eine Versuchsreihe rekrutiert.

Den Patienten wurde ein iPhone 12 auf die Brust in unmittelbarer Höhe ihres implantierten Devices gelegt. Getestet wurden mithilfe eines standardisierten Protokolls folgende vier Funktionen:

  • Standby-Modus,
  • Verbindungsaufbau (Mobilfunk, WLAN, Bluetooth),
  • Anrufempfang, und
  • Nahfeldkommunikation (NFC) über Apple Pay.

Während des Versuchslaufs konnten die Gießener Wissenschaftler insgesamt acht Auffälligkeiten feststellen, also bei 11% der Probanden. Betroffen waren davon überwiegend Schrittmacher (mit Ausnahme eines CRT-D) der Hersteller Biotronik, Abbott und Boston-Scientific. „Die meisten Störeinflüsse sind durch den NFC-Modus ausgelöst worden“, berichtete Fräbel. Aber auch Anrufe hätten für Interaktionen gesorgt.

Keine relevanten Interaktionen

Am häufigsten kam es zu Störsignalen. In einem Fall wurde ein vorübergehender Verlust des intrakardialen EKGs registriert. Bei zwei Geräten erzeugten die Einflüsse eine Fehlinterpretation des intrakardialen Elektrogramms, bei zwei weiteren Implantaten kam es zu einem zeitweisen Verlust der Telemetrieverbindung zum Programmiergerät.

Aber Fräbel stellte klar: „In unserer Untersuchung konnte nicht gezeigt werden, dass die im iPhone 12 verbauten Magnete zu einer Back-up Mode oder einer Änderung der Programmierung des implantierten Devices führen.“ Sprich, eine akute Gefährdung der Patienten bestand nicht. Genauso wenig wurden die Geräte von dieser einmaligen Testung dauerhaft beschädigt.

Die Lösung scheint einfach

Professor Hendrik Bonnemeier sieht deshalb keinen wirklichen Anlass zur Sorge: „Man kann die Patienten beruhigen, weil ich glaube, kaum ein Patient sein Handy direkt auf seinen Defi legt“, äußerte sich der Kardiologe vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Kiel dazu in der anschließenden Diskussion.

Die Lösung des „Problems“ scheint somit ziemlich einfach: Das iPhone 12 sollte gemäß der Empfehlungen nicht direkt über den implantierten Herzschrittmachern bzw. Defibrillatoren getragen oder benutzt werden. So konnten in der Studie von Fräbel und Kollegen auch keine Störeinflüsse detektiert werden, wenn das Smartphone am Ohr genutzt wurde.

Mehr Informationen zur Kardiologie gibt es auf: www.springermedizin.de

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