Abwasserproben analysiert

Gehäuft Poliovirus-Nachweise im Abwasser: Staat New York ruft den Gesundheitsnotstand aus

Nachdem im Juli ein Fall von paralytischer Polio gemeldet und das Virus jetzt in mehreren Counties im Abwasser detektiert wurde, gilt im US-Bundesstaat New York seit dem 9. September der Gesundheitsnotstand.

Dr. Bianca BachVon Dr. Bianca Bach Veröffentlicht:
Eine Wasserprobe wird genommen. Derzeit werden viele solcher Proben in den USA auf Polioviren hin untersucht.

Eine Wasserprobe wird genommen. Derzeit werden viele solcher Proben in den USA auf Polioviren hin untersucht.

© alexmia / stock.adobe.com

Albany. Ende Juni erkrankte ein ungeimpfter Mann in Rockland County, New York, USA, an einer durch ein Impfvirus hervorgerufenen Poliomyelitis mit Lähmungserscheinungen. Im August riet die New Yorker Gesundheitsbehörde deshalb Ungeimpften, sich impfen zu lassen.

Inzwischen wurden in mehreren Abwasserproben aus verschiedenen Counties ebenfalls Polioviren nachgewiesen. Nun hat Gouverneurin Kathy Hochul den gesundheitlichen Katastrophenfall ausgerufen. Das erlaubt zum Beispiel auch Apothekern und Hebammen, Impfungen zu verabreichen. Eine Priorisierung bestimmter Menschen ist nicht vorgesehen.

Durchimpfungsrate soll angehoben werden

Ziel ist, die Durchimpfungsrate auf 90 Prozent anzuheben. Im Durchschnitt waren, Stand Anfang August, im Bundesstaat New York rund 80 Prozent der Kinder bis zu ihrem zweiten Geburtstag dreimal gegen das Virus geimpft gewesen, in einigen Counties aber deutlich weniger. In Rockland zum Beispiel waren es gerade einmal 60 Prozent.

Die in 50 von insgesamt 57 verdächtigen Abwasserproben nachgewiesenen Polioviren waren genetisch mit dem Virus verwandt, durch das im Juni der Patient in Rockland County erkrankte. Obwohl der junge, gesunde Mann während der Inkubationszeit nicht im Ausland gewesen war, hatte er sich mit einem Virus infiziert, das aus einer abgeschwächten Lebendvakzine stammte.

Solche oralen Impfstoffe sind in den USA selbst nicht mehr zugelassen. Auch in Deutschland rät die Ständige Impfkommission (STIKO), nur noch inaktivierte Poliovakzinen zu verwenden. Die „Schluckimpfung“, bei der das Impfvirus anschließend über den Stuhl ausgeschieden wird, ist out.

Wie ist die Impf-Situation in Deutschland?

In Deutschland hatten nach Angaben des Robert Koch-Instituts Ende 2021 90,1 Prozent aller Kinder bis zum Alter von 15 Monaten eine dreimalige Impfung zur Grundimmunisierung erhalten. Die niedrigste Impfrate mit 87 Prozent hatte dabei Baden-Württemberg zu verzeichnen. Als vollständig geimpft gilt, wer zusätzlich eine einmalige Auffrischimpfung erhalten hat. Sie wird im STIKO-Impfkalender zwischen dem neunten und dem 16. Lebensjahr empfohlen.

Polio wird fäkal-oral übertragen und verläuft in über 95 Prozent asymptomatisch. Ansonsten bekommen die Patientinnen und Patienten nach einer Inkubationszeit von sechs bis neun Tagen meist grippeähnliche Symptom, in 0,1 bis 1 Prozent aber auch motorische Paresen. Sie können zu bleibenden Schäden führen. Die seltene bulbäre Form hat eine schlechte Prognose.

Im Extremfall sterben an Polio Erkrankte. Der Patient aus New York wurde 16 Tage nach Symptombeginn mit fortbestehenden schlaffen Beinparesen in die Rehabilitationsbehandlung entlassen. Es war der erste Polio-Fall in den USA seit 1979. In Deutschland wurden die beiden letzten importierten Polio-Erkrankungen laut RKI 1992 registriert, die letzte Wildvirus-Infektion 1990.

Mehr zum Thema

Einschätzung von Loeffler-Institut

Vogelgrippe: Gefahr für Rinder und Menschen in Deutschland gering

Das könnte Sie auch interessieren
Für Menschen ab 60 Jahren sind die Impfungen gegen Influenza, Corona, Pneumokokken und Herpes zoster (beide nicht im Bild) Standard-Impfungen. Für Menschen ab 75 Jahren kommt die RSV-Impfung hinzu.

© angellodeco / stock.adobe.com

Respiratorisches Synzytial Virus

STIKO: Alle Menschen ab 75 gegen RSV impfen!

Grippeschutzimpfung: Jüngere Risikogruppen nicht vergessen

© Springer Medizin Verlag

Intens. Video-Podcast

Grippeschutzimpfung: Jüngere Risikogruppen nicht vergessen

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Mann mit Pflaster auf Oberarm gibt Daumen-hoch-Zeichen

© U_Photo / Shutterstock

Impflücken bei Chronikern

Senkung von Morbidität und Mortalität durch bessere Vorsorge

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Kommentare
Am 28. Juli ist Welt-Hepatitis-Tag.

© Roche Diagnostics

Hepatitis-Screening: noch zu wenig bekannt

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Roche Diagnostics Deutschland GmbH, Mannheim
Abb. 1: Zeitaufwand pro Verabreichung von Natalizumab s.c. bzw. i.v.

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [9]

Familienplanung und Impfen bei Multipler Sklerose

Sondersituationen in der MS-Therapie

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Biogen GmbH, München
Impfungen – ob Influenza oder Reisezeit

© Springer Medizin Verlag GmbH

Impfungen – ob Influenza oder Reisezeit

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, Frankfurt a. M.
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Forscher geben Entwarnung: Handys führen nicht zu einem erhöhten Risiko für verschiedene Krebsarten.

© DragonImages / stock.adobe.com

Zeitreihenanalyse

Studie: Handynutzung erhöht das Krebsrisiko nicht

Akute Atemwegssymptome – wieviel trägt die Luftverschmutzung bei? (Symbolbild mit Fotomodell)

© Sofiia / stock.adobe.com

Respiratorische Symptome

Mehr Luftverschmutzung, mehr Antibiotika