Geschwollenes Oberlid durch Katzenkrankheit

DARMSTADT (ner). Was wie die orbitale Komplikation einer Sinusitis aussieht, kann in Wirklichkeit manchmal Folge der Katzenkratzkrankheit sein. Hinweise darauf gibt der Kontakt mit einer Katze in der Anamnese. Gesichert wird die Diagnose serologisch.

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Ein Zwölfjähriger hatte seit zwei Wochen ein gerötetes und geschwollenes rechtes Oberlid mit Ptosis und leichten Schmerzen, berichten der Darmstädter HNO-Arzt Privatdozent Martin C. Jäckel und seine Kollegen (HNO 54, 2006, 37). Außerdem hatte er derbe Schwellungen im Bereich der Glandula parotis und des Kiefernwinkels rechts. Das Allgemeinbefinden war nicht beeinträchtigt.

Eine Antibiotika-Therapie mit einem Cephalosporin war wirkungslos geblieben. Eine Sonographie der Glandula parotis ergab Lymphknotenschwellungen. Wegen des zunächst unklaren entzündlichen Befundes wurde der Junge zehn Tage lang mit Ampicillin und Sulbactam behandelt, was zu einer Teilremission der Symptome führte.

Wegweisend waren schließlich serologische Untersuchungen

Als der Junge von Kontakten zu einer Hauskatze erzählte, suchten die Kollegen gezielt nach IgG-Antikörpern gegen Bartonella henselae, dem Erreger der Katzenkratzkrankheit - und wurden fündig. Der IgG-Titer stieg innerhalb von vier Wochen von 1 zu 256 auf 1 zu 1024 (normal: unter 1 zu 64). Der Junge wurde innerhalb von drei Wochen wieder gesund.

Ähnlich war der Krankheitsverlauf bei einer 50jährigen Frau mit einer Schwellung der präaurikulären Lymphknoten rechts. Die Schwellung hatte sich etwa zehn Tage nach einer Rötung der Augenbindehaut entwickelt und allmählich zu einer druckschmerzhaften Hautinfiltration geführt. Auch diese Patientin hatte Kontakt zu einer jungen Katze. Der IgG-Titer für Bartonella henselae war deutlich erhöht.

Vor allem bei jungen Katzen stecken sich Patienten an

Bei Bartonella henselae handelt es sich um ein Gram-negatives Stäbchen, das nach Kontakt vor allem mit jungen Katzen über die Hände in die Augenbindehaut gelangen kann. Dort verursacht es eine granulomatöse, subakute Konjunktivitis, die oft mit einer Ptosis einhergehe, so Jäckel. Später entwickelt sich eine präaurikuläre Lymphadenitis auf der erkrankten Seite. Das Allgemeinbefinden ist kaum gestört.

Die Diagnostik ist oft schwierig, da der kulturelle Nachweis des Erregers aus Lymphknotenbiopsien oder Bindehautabstrichen nur selten gelingt. Spezifische histologische Merkmale existieren ebenfalls nicht. Allgemeine serologische Entzündungsparameter sind oft normal.

Gesichert wird die Diagnose mit dem Antikörpernachweis. Die Sensitivität für IgG und IgM zusammen gibt Jäckel mit 85 Prozent an. Weil Gesunde jedoch sehr selten seropositiv sind, ist schon der alleinige IgG-Nachweis beweisend. Es ist umstritten, ob eine Pharmakotherapie erforderlich ist. Bei immunkompetenten Menschen sei Abwarten gerechtfertigt, so Jäckel. Bei abszedierender Lymphadenitis und Allgemeinsymptomen empfiehlt er zweiwöchige Therapie mit Makroliden, alternativ mit Gyrasehemmern oder Tetrazyklinen.

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