Zollstatistik
Globaler Handel mit gefälschten Pharmazeutika boomt
Der weltweite Handel mit gefälschten Arzneimitteln stellt einem aktuellen Bericht zufolge eine zunehmende Bedrohung für die Gesundheit dar. Unter den beschlagnahmten Plagiaten finden sich häufig auch Diabetesmittel.
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Bunte Gefahr: Gefälschte Arzneien und Original sind für Laien oft nur schwer zu unterscheiden.
© Erwin Wodicka - wodicka@aon.at
Brüssel. Die europäischen Zollbehörden ziehen immer wieder Arzneimittel-Plagiate zur Behandlung von unter anderem Diabetes aus dem Handelsverkehr. Insgesamt beläuft sich der Wert gefälschter Pharmazeutika, die weltweit im Handel sind, auf knapp 4,03 Milliarden Euro.
Auf diese geschätzte Summe kommen das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) und die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in einem aktuell veröffentlichten Bericht. Für diesen wurden Daten über Zollbeschlagnahmungen im Zeitraum 2014 bis 2016 analysiert.
Gesundheit wird bewusst gefährdet
Dem Bericht zufolge ist der illegale Handel mit gefälschten und unerlaubt hergestellten Waren weltweit mit einem Anteil von 2,5 Prozent des Welthandels im Jahr 2013 auf 3,3 Prozent im Jahr 2016 gestiegen. Besonders fälschungsgefährdet waren demnach Antibiotika (Anteil von über 35 Prozent), Mittel gegen Impotenz (20 Prozent) und Schmerzmittel (zehn Prozent).
Aber auch andere gefälschte Arzneimittel, etwa zur Behandlung von Diabetes (sechs Prozent) und Krebs (zwei Prozent) oder Herzmittel (fünf Prozent) wurden von den Zollbehörden beschlagnahmt. Nicht in den Zahlen enthalten ist das Volumen im Inland erzeugter und verbrauchter illegaler Arzneimittel.
Die europäischen Experten warnen in ihrem Bericht deutlich vor den gefälschten Medikamenten, sie seien „eine Bedrohung für die öffentliche Gesundheit und Sicherheit“. So seien etwa Chroniker gefährdet, die in der Annahme, ihr Medikament ordnungsgemäß einzunehmen, auf Fälschungen reinfielen und damit nicht entsprechend therapiert würden.
Die illegalen Märkte für gefälschte Arzneimittel scheinen dem Bericht zufolge für Kriminelle deshalb attraktiv, da sie hohe Gewinnmargen böten und das Risiko gering sei, entdeckt oder verfolgt zu werden.
Freihandelszonen ausgenutzt
Begünstigt wird der Handel mit den gefälschten Medikamenten nach Angaben der Autoren dadurch, dass die Plagiate zunehmend in kleinen Päckchen oder Briefen versandt werden. Den Zollbehörden in den Freihandelszonen erschwert das die Aufdeckung.
Im Untersuchungszeitraum 2014 bis 2016 entfielen den Angaben zufolge insgesamt 96 Prozent aller Beschlagnahmungen gefälschter Pharmazeutika auf Post- und Paketdienstzustellungen. Der Exekutivdirektor des EUIPO Christian Archambeau fordert, auch politische Konsequenzen aus diesen Entwicklungen zu ziehen: „Gefälschte Pharmazeutika gefährden nicht nur die Gesundheit, sondern können lebensgefährlich sein. Gelangen sie, wie es oft der Fall ist, per Internetbestellung und als Päckchen in die EU, erschwert dies die Arbeit der Strafverfolgungsbehörden. Die Bekämpfung dieses Problems erfordert eine noch stärkere Koordinierung auf nationaler und EU-Ebene, aber auch Maßnahmen im globalen Maßstab.“
Vergangene Woche erst haben Bundeskriminalamt und Zoll in einer internationalen Operation gegen den Online-Handel mit gefälschten und illegalen Arzneimitteln knapp 6000 Pakete und Päckchen kontrolliert. Dabei seien 1255 Sendungen mit insgesamt 83 481 Tabletten, Kapseln und Ampullen sichergestellt worden.